Auch über die Kosten muss geredet werden
Manch wackerem Oppositionsabgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft würden Tränen der Freude in den Augen stehen, falls der Senat einmal auf eine seiner Kleinen Anfragen so ausführlich und bereitwillig antworten würde – wie jetzt beim SPD-Schulpolitiker Lars Holster geschehen. Die Mitteilsamkeit des SPD-geführten Senats bei den Fragen nach den Kosten und organisatorischen Folgen der Einführung von G9 an den Gymnasien ist beeindruckend. Wo die Landesregierung sonst stereotyp mitteilt, dass sie auf hypothetische Fragen „aus grundsätzlichen Erwägungen“ nicht antwortet, wirft sie nun einen weiten Blick in die Zukunft. Und: Kein Zufall ist, dass die Fragen so gestellt sind, dass die Antworten die Linie der SPD und vor allem von Schulsenator Ties Rabe (SPD) bestätigen – mit all ihrer Skepsis gegenüber G9 am Gymnasium, noch dazu parallel zum schon existierenden G8 an allen Standorten.
Und welche Bedeutung hat die parlamentarische Scharade für die in der Stadt unvermindert heftig geführte Diskussion über die Länge der Schulzeit am Gymnasium? Keine. Was zählt, ist allein die Tatsache, dass der Senat Modellrechnungen auf der Basis realistischer Annahmen anbietet. Das kann zu einer Versachlichung der Debatte beitragen. Wenn die Experten der Schulbehörde mit Baukosten in zwei-, wenn nicht dreistelliger Millionenhöhe als Folge eines flächendeckenden G9 an den Gymnasien rechnen, lässt sich das nicht einfach beiseitewischen. Auch wenn es noch viele Fragezeichen gibt, weil die Entwicklung der Schülerströme schwer vorherzusagen ist, so wird doch deutlich, dass die Rückkehr zu G9 bei Weitem nicht zum Nulltarif zu haben ist.
Nun kann man den Standpunkt vertreten, dass die Chance, den Kindern mehr Zeit zum Lernen zu geben, die zusätzlichen Investitionen allemal wert ist. Noch bedenklicher als das Kostenargument ist allerdings die Prognose des Senats, dass bis zu einem Drittel der Stadtteilschulen in ihrer Existenz bedroht sind, wenn Schüler und ihre Eltern ein G9-Angebot am Gymnasium dem existierenden G9-Angebot an Stadtteilschulen vorziehen. Dieser Aderlass würde das Zwei-Säulen-Modell bedrohen – und das wäre wohl doch ein zu hoher Preis für relativ wenig Fortschritt.