Warum streikt eine so privilegierte Berufsgruppe?
Piloten zeichnen sich nicht selten durch ein überdurchschnittlich entwickeltes Selbstbewusstsein aus. Das muss vielleicht auch so sein. Denn um das harte Auswahlverfahren und die anspruchsvolle Ausbildung zu überstehen, braucht man zweifellos Nervenstärke. Immer wieder sind schnelle Entscheidungen erforderlich, allzu starke Selbstzweifel wären da wohl fehl am Platz.
Doch auch in Tarifkonflikten mit der Lufthansa haben die Cockpitbesatzungen ihren Ruf bestätigt, nicht zögerlich zu sein. Im Jahr 2001 zogen sie einen dreitägigen Streik durch, der das Unternehmen schwer traf. 35 Prozent mehr Gehalt wollten sie damals. Vor vier Jahren, diesmal ging es um die Arbeitsplatzsicherung, wollten die Piloten den Flugbetrieb sogar vier Tage lang lahmlegen, doch die Lufthansa wendete dies mit einem neuen Angebot ab.
Man darf gespannt sein, ob die Politik der Stärke auch diesmal Erfolg hat oder ob die Vereinigung Cockpit es in der kommenden Woche wirklich auf ein Chaos im Luftverkehr ankommen lässt. Um ihr Image in der Öffentlichkeit scheinen sich die Flugzeugführer jedenfalls keine großen Sorgen zu machen. Denn eines dürfte außer Frage stehen: Als Pilot gehört man – trotz aller Abstriche, die in den vergangenen Jahren gemacht werden mussten – noch immer einer durchaus privilegierten Berufsgruppe an. Zudem sahen sich auch andere Arbeitnehmer gezwungen, eine Verschlechterung der Konditionen hinzunehmen.
Daher dürfen sich die Männer und Frauen mit den drei oder vier goldenen Ringen am Ärmel nicht wundern, wenn sich Fluggäste, die wegen eines Pilotenstreiks stundenlang im Terminal Schlange stehen müssen, mit Solidaritätsbekundungen zurückhalten.
Hinzu kommt, dass die Lufthansa einem immer härteren Wettbewerb ausgesetzt ist. Nicht nur europäische Billigflieger, sondern vor allem die von luftfahrtbegeisterten Herrscherhäusern aufgebauten Golfstaaten-Linien wie Emirates oder Etihad machen dem Konzern schwer zu schaffen – und sie würden über einen dreitägigen Lufthansa-Streik sicherlich frohlocken. Dieses Umfeld sollten die Piloten nicht aus den Augen verlieren.