Teure Bürgschaft: Das Sponsoring der Netze-Initiative erschüttert die Glaubwürdigkeit der Nordkirche.
Gut, dass das keine Politiker waren! Man stelle sich vor, ein solch laxer Umgang mit dem Geld der Steuerzahler wie bei der Nordkirche hätten Parlamentarier zu verantworten. Der Aufschrei wäre unüberhörbar gewesen, Kommentatoren hätten sich empört, Oppositionelle den Rücktritt gefordert. Bei der Nordkirche geht alles deutlich ruhiger zu: Da vergab der Abteilungsleiter „Diakonie und Bildung“ im Kirchenkreis Ost relativ freihändig zunächst 19.500 Euro für die Initiative zum Rückkauf der Netze. Und zeichnete anschließend verantwortlich für die Übernahme einer Bürgschaft von 25.000 Euro für eben jene Initiative. Rechtlich mag das in Ordnung sein. Als aber vor einem Jahr die Bürgschaft bekannt wurde, wurde erst geleugnet, dann abgewiegelt: Das Geld werde sicher nicht in Anspruch genommen. Nun ist der Ernstfall da: Weil die Netze-Initiative zwar viele Stimmen, aber wenig Spenden gesammelt hat, ist das Geld aus Kirchensteuermittel fast komplett futsch. Für die Nordkirche ist das der GAU.
Dabei werden nur die wenigsten der Kirche absprechen, dass sie sich in Fragen des Netze-Rückkaufs engagieren darf: Die Bewahrung der Schöpfung und die soziale Gerechtigkeit sind Kernanliegen des Christentums, Kirche muss politisch sein. Nur sollte dieses Engagement breit gründen und darf nicht zum persönlichen Alleingang werden. Eine Kirche, die sich politisch und finanziell so klar wie beim Netze-Rückkauf verortet, sollte die Position zuvor ausgiebig diskutiert haben. Das alles passierte kaum; die Bischöfin, so heißt es, erfuhr aus der Zeitung über die Bürgschaft.
Die Nordkirche wird sich unangenehmen Fragen stellen müssen, die viele Gläubige bislang nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert haben. In den vergangenen Jahren ist die evangelische Kirche einen strikten Sparkurs gefahren: Dutzende Pastorenstellen fielen weg, Gemeinden wurden zusammengelegt, Kirchen entwidmet. Mit der Fusion zur Nordkirche soll noch einmal jeder siebte Verwaltungsjob wegfallen. Das alles war so nachvollziehbar wie nötig, ist aber den Gläubigen jetzt noch schwerer zu vermitteln. Die Glaub-Würdigkeit der Kirche, sie hat gelitten.