Senat muss die Chancen der Genossenschaften nutzen
Viele Städte mit wachsenden Einwohnerzahlen wie Hamburg kennen das Problem: Was begehrt ist, wird teurer. Mietpreise steigen, die einkommensschwächere Bevölkerung wird verdrängt. Stadtplaner bezeichnen diese Entwicklung als Gentrifizierung. Allerdings ist sie in den verschiedenen Metropolen unterschiedlich stark ausgeprägt. Dies liegt an den historischen Voraussetzungen und an den Stellschrauben, die Kommunen benutzen können – oder eben auch nicht. Wien zum Beispiel erlebt derzeit einen enormen Zuwachs der Einwohnerzahl und hat inzwischen sogar Hamburg als zweitgrößte Stadt im deutschsprachigen Raum abgehängt. Dennoch trifft die Gentrifizierung in Wien die Einwohner deutlich weniger hart als anderswo, weil in der österreichischen Hauptstadt der soziale Wohnungsbau besonders stark ausgeprägt ist. Er nimmt Mietpreissteigerungen in der Regel die Wucht.
Auch Hamburg steht vergleichsweise nicht schlecht da, weil in der Hansestadt besonders viele Baugenossenschaften vertreten sind, die ebenfalls nicht auf Maximalrenditen schauen. Der Senat müsste eine solche „Mietpreisbremse“ in Zeiten wie diesen eigentlich stark fördern, sollte man meinen. Hier hätten Politiker einen Hebel, die Gentrifizierung abzufedern. Da verwundert es schon, wenn nun die Baugenossenschaften beklagen, dass ausgerechnet sie bei der Vergabe von städtischen Grundstücken oft nicht zum Zuge kommen. Sie könnten schlicht nicht die Preise zahlen, die private Bauträger auf den Tisch legen.
Das liegt an einem Webfehler, den die Vergabepraxis offensichtlich immer noch hat. Zwar ist die Stadt vor rund zwei Jahren immerhin vom sogenannten Höchstpreisverfahren abgerückt und lässt auch besondere Konzepte, wie etwa den Bau von Sozialwohnungen, in die Bewertung einfließen. Doch hier sollte es eine weitere Nachsteuerung geben. Die moderate Mietpreispolitik vieler Genossenschaften muss eine noch größere Rolle für den Zuschlag spielen. Auf Baupreise allgemein hat der SPD-Senat keine Einflussmöglichkeit, auf die Preise von öffentlichen Grundstücken aber schon.