Viele Stadtteile sind medizinisch schlecht versorgt
Diese besondere Statistik für die Stadt Hamburg war überfällig. Schon längst hätte ein Gesundheitssenator Zahlen vorlegen müssen, die zeigen, wie die Verhältnisse im Stadtstaat sind: die zwischen den vornehmen Stadtteilen und den mutmaßlich benachteiligten – und zwar alles gemessen an der Gesundheit der Menschen dort und der Zahl der Ärzte. Die sehr komplexen Zusammenhänge lassen sich auf einen beängstigenden Befund zuspitzen. In und um Wilhelmsburg gibt es zu wenige Haus- und Kinderärzte, ähnlich sieht es in Gegenden im Osten Hamburgs aus. Dabei brauchen gerade die Menschen dort eine gute Versorgung, weil sie häufiger an den großen Volkskrankheiten leiden wie Diabetes, Bluthochdruck und Herzschwäche. Und die Kinder, von denen es südlich der Elbe überproportional mehr gibt als in Eppendorf oder Winterhude, sind medizinisch klar benachteiligt.
Allerdings kann man Ärzte nicht einfach im Stadtgebiet hin- und herschieben. Für sie gilt die Niederlassungsfreiheit, und so muss es bleiben. Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) und die Kassenärztliche Vereinigung könnten sich aber analog zu anderen Bundesländern ein Anreizsystem überlegen, mit dessen Hilfe Kinderärzte nach Steilshoop und Fachleute für Bluthochdruck auf die Veddel gelotst werden können.
Wenn eine bessere Versorgung der Stadtteile politisch gewollt ist, muss man beispielsweise über Fördermaßnahmen nach dem Beispiel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) nachdenken. So könnten Umsatzgarantien abgesichert, könnten Starthilfen für junge Mediziner gegeben werden, die das Wagnis einer eigenen Praxis auf sich nehmen. Das tun immer weniger Ärzte.
Für die Menschen in den medizinisch schlechter gestellten Stadtteilen würde es sich lohnen – für die Volkswirtschaft ebenfalls. Wenn Kinder mit Allergien früh behandelt, Patienten mit ersten Symptomen für Bluthochdruck gut eingestellt werden, sind die Folgekosten geringer. Noch immer ist die medizinische Versorgung in Hamburg spitze. Der Gesundheitsatlas aber zeigt: Das ist nur die halbe Wahrheit.