Was der vierte WM-Titel für Sebastian Vettel bedeutet
Langsam wird dieser Sebastian Vettel unheimlich. Mit welcher Selbstverständlichkeit Deutschlands bester Autofahrer an jedem Rennwochenende die Formel 1 beherrscht und am Ende immer gewinnt, bringt die Konkurrenz in diesem teuersten mobilen Zirkus der Welt zur Verzweiflung. Vier Weltmeistertitel in Folge – das hat es in sechs Jahrzehnten Formel 1 erst zweimal gegeben. Von den sportlichen Leistungen her ist dieser 26-Jährige nun den ganz großen deutschen Sportlern der Geschichte zuzurechnen: Max Schmeling, Franz Beckenbauer, Boris Becker, Steffi Graf und, ja, auch Michael Schumacher.
Vettel ist populär, er ist sympathisch, sein Lächeln macht ihn zu Schwiegermutters Liebling. Aber Vorsicht, dieser freundliche junge Mann ist tief vom Ehrgeiz zerfressen, sucht seinen Vorteil, wo er nur kann, beißt jeden Konkurrenten weg, der sich ihm in den Weg stellt. Der Zweite ist für ihn schon der erste Verlierer. Da gleicht er dem Idol seiner Jugend, dessen Poster er einst an die Wand geheftet hatte: Schumacher.
Zu einer wirklich charismatischen Figur aber gehören Brüche, Wellentäler, Niederlagen. Vettels Karriere ging bislang nur im Rekordtempo voran. Bei allen Erfolgen war er stets der Jüngste. Mit den endlosen Ressourcen aus der Privatschatulle eines österreichischen Brauseherstellers, mit dem besten Ingenieurstab der Formel 1 im Rücken sind Siege fast zwangsläufig. Die Wahrscheinlichkeit, dass Vettel sogar Schumachers Allzeit-Rekorde bricht, wächst. Aber Erfolgsserien in einem technischen Sport haftet etwas Kühles an. Ein Athlet, der eine schmale Röhre aus Kohlefaserverbundstoff nur mithilfe von viel Elektronik über die Piste lenkt und dabei nur einen Helm und ein paar feuerfeste Handschuhe zeigt, der mutiert zum gefühllosen Maschinenmenschen.
Vettel weiß selbst, dass ihm der Makel der Perfektion anhaftet. Vielleicht liegt es gerade an der Leichtigkeit, mit der er seine Siege herausfährt, dass ihm die Fans kaum Euphorie entgegenbringen. Die Antwort kann nur heißen: Raus aus dem gemütlichen Bett, hinein ins Abenteuer. Nur ein Beispiel: Wie wäre es einmal mit einem Weltmeistertitel in einem Mercedes-Silberpfeil?