Die FDP ist in Deutschland seit langem unbeliebt - nun gehen ihr auch die Wähler aus. Die Liberalen verpassen noch hinter der AfD den Einzug in den Bundestag

Nirgendwo, so weiß der Volksmund, wird so viel gelogen wie bei Jubiläen und Beerdigungen. Die FDP wird sich nun auf viele warme Worte einstellen müssen. Und doch ist es wie im wahren Leben. Erst wenn es vorbei ist, beginnt man zu ahnen, was fehlt. Wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale fehlt sie mir bereits. Die Partei, die ich nicht gewählt habe: Die FDP.

Denn erstmals seit Gründung dieser Republik sind die Liberalen nicht mehr im Bundestag vertreten. Und damit verstummt eine Stimme, die sich stets abhob vom sozialdemokratischen Einerlei in der Republik. Diese Stimme war oft schrill, manchmal schräg, aber meist eben auch mutig anders. Seit dem Linksrutsch der Union kommen die anderen Parteien ziemlich sozialdemokratisch daher. Die Ursozialdemokraten gerupft als SPD, die Linkspartei als tiefrote Populisten-Ausgabe, die Grünen als ökologische Sozialdemokraten und die Merkel CDU als Wohlfühlsozialdemokratie in gediegenem schwarzen Look. Alle sind für das Soziale und gegen Armut, für Mindestlöhne und gegen Wirtschaftsmacht, für Umverteilung und gegen Atomkraft, für mehr Staat und gegen Steuersenkungen. Das alles mag mehr oder minder vernünftig klingen, doch die eigene Meinung schärft sich gerade am Contra, an der Widerrede. Darauf wird man in Zukunft häufiger verzichten müssen.

Das klingt nicht nur langweilig, das wird es auch. Denn mehr liberales Denken dürfte dem Land nicht schaden – leider haben zu viele aus dem Führungspersonal der FDP in den vergangenen Jahren das liberale Denken in Deutschland desavouiert. Wichtiger als das Streiten für die Freiheit war das Streiten mit dem Parteifreund, konsequenter als der Einsatz für Liberalität der Einsatz für die eigene Klientel; und entscheidender als das Land stets noch das eigene Fortkommen. Die politische Bilanz ist ernüchternd – erst versuchte sich die FDP als Spaßpartei mit der 18 auf dem Schuh, dann als Steuersenkungspartei. Weder machte das dem Wähler Spaß, noch wurden die Steuern gesenkt. Und vor lauter Wirtschaftsliberalismus geriet die gesellschaftliche Liberalität ins Hintertreffen. Bei zentralen Fragen, etwa der Euro-Rettung, blieb die Partei so zerstritten wie blass – und musste sich nun hinter den Neuligen der „Alternative für Deutschland“ einsortieren.

Allerdings wäre es zu einfach, allein Mandatsträger und Funktionäre der FDP für das Desaster verantwortlich zu machen. Im sozialdemokratischen Deutschland mangelte es zuletzt auch an Verständnis für und auch Fairness gegenüber den Liberalen. Die Partei war in Teilen der Öffentlichkeit und einigen Medien ein Paria, ein Ausgestoßener, weil sie meist die andere, oft nicht gesellschaftlich gewünschte Position vertrat. Es ist genau diese Position, die nun fehlen wird.