Zunächst sei daran erinnert, dass der HSV, der schon vor dieser Saison kein Geld mehr hatte, noch eine 450.000-Euro-Abfindung an Paul Scharner zu zahlen, nun auch noch das Gehalt für den beurlaubten Trainer Thorsten Fink bis zum Saisonende aufzubringen hat – fast eine Million. Dazu kommt die Summe, die die DFL für das prächtige Feuerwerk beim Hertha-Spiel noch verlangen wird. Diese Kosten belasten die Dauer-Ebbe in der Vereinskasse noch mehr. Und genau deshalb kann der HSV – beim besten Willen – keinen „großen Trainer“ mehr verpflichten. Es sei denn, ein namhafter (arbeitsloser) Coach fasst sich ein Herz und trainiert den HSV, nur um wieder ins Geschäft zu kommen, bis Sommer 2014 zum Nulltarif. Nun aber ist aus der Vereinsführung zu hören, dass es wieder einmal ein erfahrener Trainer richten soll. Aber was haben solche „Männer mit Vergangenheit“ in der Vergangenheit überhaupt gebracht?
Armin Veh zum Beispiel. Er hatte Erfahrung, war mit Stuttgart deutscher Meister, feiert jetzt Erfolge mit Eintracht Frankfurt. Huub Stevens? Auch der kann viel, er trainiert nun Paok Saloniki. Oder dann Martin Jol. Überlebt immer wieder mit dem kleinen FC Fulham in der besten Liga der Welt. Aber beim HSV-Trainer geht es doch nicht um die Erfahrung der Fußballlehrer, die sich im Volkspark versuchen durften.
Die Wahrheit ist: Der Verein hat mit den Jahren mehr und mehr an Qualität seiner Spieler verloren, es wurde fleißig verkauft. Bei vielen Einkäufen stellte sich heraus, dass sich beim HSV Leute versuchen dürfen, die total ahnungslos sind. Paradebeispiel ist immer noch der teure Marcus Berg, der einfach so verschenkt wird. Plötzlich stellen die Herren fest, dass „erst einmal verkauft werden muss, bevor eingekauft werden kann“. Aber wer soll denn von diesem HSV noch verkauft werden? Das ist die Schein-Fußball-Welt, in der dieser HSV 2013 lebt.
Ich muss an dieser Stelle mal ein Geheimnis lüften: Bevor Thorsten Fink im Oktober 2011 verpflichtet wurde, wollte ich dem HSV bei der Suche nach einem Trainer helfen. Horst Hrubesch und Thomas von Heesen gaben ihre Zusagen, sie hätten es damals gemeinsam für ihren HSV gemacht. Aber hören wollte das beim HSV niemand! Frank Arnesen holte stattdessen Thorsten Fink für 650.000 Euro Ablöse vom FC Basel. Motto: Geld spielt keine Rolle.
Jetzt sollte der HSV – und damit meine ich auch seinen Anhang – endlich einmal versuchen umzudenken. Das bedeutet auch, dass man endlich akzeptieren muss, mit Geld, das man nicht hat, nicht um sich zu werfen. Entweder kommt ein „großer Trainer“ und verzichtet beim HSV auf ein Millionen-Gehalt, oder man holt einen Coach, der frei ist und endlich einmal keine Ablöse kostet, einen Mann, der bewiesen hat, dass er es kann. Und, vor allem, der sich auch mit dem HSV und Hamburg identifiziert. Mir fällt da zum Beispiel der Name Thomas Doll ein…
Oder der HSV macht es so wie inzwischen einige andere Erstliga-Clubs: Man holt sich einen Trainer ohne großen Namen. Mainz verpflichtete einst Thomas Tuchel, Freiburg baut auf Christian Streich, Hoffenheim setzt auf Markus Gisdol, Augsburg hat Markus Weinzierl, Werder arbeitet mit Robin Dutt. Das sind alles Trainer, die nie als Profis gekickt haben. Man muss also nicht unbedingt Nationalspieler gewesen sein. Der große Name allein tut es eben nicht, die Ahnung vom Fußball macht es, die Leidenschaft für die Arbeit, das Herz für den Verein. Das, nur das, müssten die Vereine (vor allen Dinge jene, die kein Geld haben) einmal begreifen. Und dazu den Mut besitzen, einem Nobody, von dem sie überzeugt sind, eine Chance zu geben.
Deshalb bin ich ja schon froh, dass der HSV Finks Co-Trainer Roger Stilz behalten hat. Der junge Mann weiß nämlich, wie Fußball funktioniert, auch wenn er im Sommer „nur“ vom SC Victoria gekommen ist.
Dazu gäbe es natürlich noch eine revolutionäre andere Möglichkeit, den HSV wieder auf Vordermann zu bringen: Alle Verantwortlichen müssten zurücktreten, dann wäre der Weg frei für Klaus-Michael Kühne, Sportdirektor Felix Magath und seinen Trainer Bernd Hollerbach. Aber bei diesem HSV wird natürlich nie auch nur einer freiwillig seinen Sessel räumen. Das ist vielleicht das größte Dilemma.