Die Klischees rund um Frauenfußball schienen ein für allemal passé. Bis das ZDF zur EM einen sensationellen Einspieler präsentiert

Es ist also wieder Frauenfußball-Europameisterschaft. Ich habe das nur am Rande mitbekommen, denn es ist ja nun nicht so, dass wie bei den Männern ein Jahr im Voraus die Berichterstattung anrollt, mit existenziell wichtigen Beiträgen über die gastronomische, medizinische und musikalische Unterstützung der Nationalmannschaft – vom Sportlichen mal ganz zu schweigen. Nicht das Schlechteste, um sich in Ruhe auf ein großes Turnier vorzubereiten.

Nun ist es mit der Ruhe allerdings vorbei: Der Frauenfußball erfährt seit einigen Tagen eine Aufmerksamkeit, über die sie sich weder Fans noch Akteure der Nischensportart beklagen dürften.

Wer ihnen diesen Aufmerksamkeitsschub verpasst hat? Nun, es war das ZDF. Und man muss zugeben, egal wie man selbst zum Thema Frauenfußball steht: Das ist schon eine Leistung.

Entweder Empörung oder Belustigung – dazwischen schwankt die Reaktion auf den sendereigenen Werbeeinspieler zur Europameisterschaft. Die Beine einer Frau sind da zu sehen, die offenbar in ihrer eigenen Waschküche ein bisschen herumkickt, um dann kurz und schmerzlos den Ball in der geöffneten Waschmaschine zu versenken. Auch das passende Waschprogramm steuert sie zielgenau an: Es ist, hihi!, das Waschprogramm Leder. Und weil sich Frauen so gern während des Waschgangs auf die Maschine setzen, tut die Frau im Spot, von der man bis zum Ende weder Gesicht noch BH-Farbe sieht (schade!), genau das. Die Vermutung (und der Umfang der Waden) legen nahe, dass es sich nicht um eine Nationalspielerin handelt.

Ich wollte mich nicht über diesen Spot aufregen. Das taten aber die Männer um mich herum. Ich gab zu bedenken, dass jede Frau, sei sie nun Nationalspielerin oder Investmentbankerin, ihre Wäsche im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen selbst waschen würde – das sei doch an sich nicht unsympathisch. Ein saudummer Kommentar, ich gebe es zu. Weil er vier Jahrzehnte weiblicher Diskriminierung im Fußball einfach ausblendet.

Man muss kein Fan von Frauenfußball oder Mitglied von Pro Quote sein, um die Assoziationskette hinter diesem Einspieler in seiner Schlichtheit zu begreifen: Frauen = irgendwas mit Haushalt = Fußballweltmeisterschaft = irgendwas mit rundem Leder. Herausgekommen ist ein Beitrag, der so plump daherkommt, wie er einfältig ist – man würde zudem gern einmal wissen, welches Budget das Zweite Deutsche Fernsehen für diesen Werbespot (intern oder extern) vergeben hat. Wo bleibt eigentlich die Datenüberwachung, wenn man sie braucht?

So oder so bleibt es ein denkwürdiger Beitrag. In Dutzenden anderen Situationen hätte man kickende Frauen zeigen können, hier nur ein Beispiel: Der Clip beginnt in der Vorstandsetage, eine Frau in Kostüm und High Heels verlässt den Raum (es ist nicht die Sekretärin!) und befördert im Hinausgehen lässig mit der Hacke das runde Leder in den Mülleimer. Staunende Blicke der Vorstandskollegen. (Für diesen Spot hat mein Kollege übrigens gerade 15 Sekunden gebraucht.) Hier noch ein anderer: Frau geht in rotem Badeanzug am Strand entlang (Einblendung: David Hasselhoff); sie sieht, dass die kickenden Jungs am Strand ihren Ball ins Meer geschossen haben – und taucht baywatchartig in die Fluten, um das runde Leder zu retten. Ist auch Ihnen ein Beispiel eingefallen? Vielleicht schicken Sie es einfach an die Kollegen, unter sportstudio@zdf.de. Da freut man sich in Mainz bestimmt.

Ich bin keine Freundin des Frauenfußballs, aber das muss man in diesem Fall auch gar nicht sein. Man muss nur ein Problem mit Diskriminierung haben. Die Geschichte des Frauenfußballs ist leider voll davon: erst von den Männern verboten, dann, Jahrzehnte später, aufs gnädigste geduldet. Das konnte nicht gut gehen – und geht deshalb seit Generationen schon schief. Im Zusammenspiel mit dem Ü50-Männerverein des Zweiten Deutschen Fernsehens allerdings haben sich in diesem Jahr ungeahnte Abgründe aufgetan.

Da wähnt man sich fast schon wieder im Jahr 1989: Damals bekamen die deutschen Nationalkickerinnen vom Deutschen Fußballbund ein Kaffeeservice geschenkt – die Prämie für den gewonnen EM-Titel. Es handelte sich – natürlich – um 1b-Ware.