DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach, 60, war 2006 Chef des WM-Organisationskomitees

Hamburger Abendblatt:

1. Herr Niersbach, Sie haben als Bewerbungs-Chef des DFB gemeinsam mit der Fußball-Legende Franz Beckenbauer die WM 2006 nach Deutschland geholt. Kann Beckenbauer auch jetzt als neue Galionsfigur der Münchener Olympia-Bewerbung 2018 helfen?

Wolfgang Niersbach:

Auf jeden Fall. Auch beim IOC wird es noch Unentschlossene geben, die ihre Entscheidung über die Vergabe der Spiele vom letzten Eindruck abhängig machen. Und ich habe im Rahmen der Bewerbungs-Tour für die WM 2006 erlebt, dass sich Menschen bekreuzigt haben, wenn sie den Franz nur gesehen haben. Er hat eine enorme Strahlkraft.

2. Aber bei der Entscheidung für eine Stadt sollte doch immer nur die Qualität der jeweiligen Olympia-Bewerbung zählen, oder?

Niersbach:

Sie dürfen die weichen Faktoren nicht unterschätzen. Dass wir Deutschen gut organisieren können, diszipliniert und präzise arbeiten, weiß jeder. Wir haben damals bewusst auf Sympathiepunkte gesetzt, deshalb ist auch der aktuelle Münchner Weg mit dem Franz absolut richtig. Bei unserer Präsentation kamen der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, Claudia Schiffer und Boris Becker dazu. Sie standen da wie die Wachsfiguren, hörten nur auf das Kommando Franz Beckenbauers. Sie alle sind ein hohes persönliches Risiko eingegangen, denn wir hätten ja auch scheitern können. Das kam sehr gut an. Wobei ich jetzt ja erzählen kann, dass damals ein hochrangiges Fifa-Mitglied in der ersten Reihe eingeschlafen ist.

3. Reicht Sympathie gegen mögliche Korruption?

Niersbach:

Das war unsere Devise, und genau so hat auch München mit Kati Witt an der Spitze agiert. Das IOC hat sein Trauma mit Salt Lake City überwunden, also sollten wir jetzt auch absolutes Vertrauen in das aktuelle Verfahren investieren.

4. Wie stehen die Chancen?

Niersbach:

Geht es nur nach den Fakten, müsste München die Spiele bekommen. Ein großer Teil der Anlagen existiert bereits, die neuen würden auch nach den Spielen weiter intensiv genutzt. Spiele in München wären also in bestem Sinne nachhaltig. Und stellen Sie sich nur mal München vor dem Alpenpanorama vor. Für Südkorea spricht, dass sie sich schon zweimal vergeblich beworben haben.

5. Wie laufen die letzten Stunden vor der Bekanntgabe ab?

Niersbach:

Die Anspannung ist enorm. Am Vorabend haben wir damals mit den Fifa-Mitgliedern gesprochen, von denen wir wussten, dass sie wohl für uns stimmen werden. Eine Stunde vor der Bekanntgabe habe ich erfahren, dass wir gewonnen haben. Wir konnten das Jubeln schon mal üben.