Die PISA-Studie zeigt nicht die ganze Bildungswirklichkeit.
Es geht bergauf mit Deutschlands Bildung. Nicht so steil wie der Neigungswinkel des schiefen Turmes von Pisa, aber immerhin bergauf. Statistisch gesehen jedenfalls. Allerdings können Statistiken nie die ganze Wirklichkeit abbilden.
So bleibt trotz verbesserter Leseleistungen und anhaltend guter naturwissenschaftlicher Kenntnisse die beängstigende Frage nach dem tatsächlich oder angeblich drohenden Fachkräftemangel. Gewiss, Deutschlands Bevölkerung schrumpft, aber sie stirbt nicht aus. Und die Schulen der selbst ernannten Bildungsrepublik sind bisher nicht in der Lage, genügend Nachwuchs für den Facharbeitermarkt oder noch höher qualifizierte Berufsgruppen heranzuziehen.
Zwar wurde in den vergangenen zehn Jahren seit dem ersten PISA-Schock allerhand herumreformiert im Bildungswesen. Vor allem haben sich die zuständigen Kultusminister der Bundesländer an Strukturen versucht, etwa wie in Hamburg, wo der Streit um die Dauer gemeinsamen Lernens in der Grundschule bis zum Glaubenskrieg ausartete. Alle Versuche, bundesweite zentrale Standards einzuführen, werden tapfer und verbissen mit dem Hinweis abgewehrt, der Föderalismus sichere hier den Wettbewerb. Als ob Eltern der Schule wegen extra in ein anderes Bundesland ziehen würden und nicht alle Kinder in allen Bundesländern das Recht auf eine möglichst gute Bildung hätten! Hauptsache, jedes Bundesland hat etwas Eigenes. Die sonstigen Gestaltungsmöglichkeiten der Länder sind ja eng begrenzt.
Relativ wenig hat sich bisher getan, um junge Menschen für den Lehrerberuf zu begeistern, sie zu motivieren, die Geeigneten unter ihnen auszuwählen und den Schwerpunkt der Ausbildung mehr in Richtung Pädagogik zu verlagern. Noch immer sind viele Klassen zu groß, Ausfallstunden zu zahlreich und das gesellschaftliche Prestige des Lehrerberufs zu gering. Noch immer bröckelt der Putz in vielen Schulgebäuden, bleiben Turnhallen geschlossen.
Der Vergleich mit anderen Ländern und Strukturreformen ist auch wichtig. Gute Lehrer können aber in verschiedenen Systemen guten Unterricht bieten - wenn auch die materiellen Voraussetzungen stimmen. Solange das nicht der Fall ist, dümpeln wir statistisch weiter im Mittelmaß - und Eltern, die es sich leisten können, sorgen dafür, dass ihre Kinder bessere Bildung bekommen, als der Staat bieten kann. Die soziale Bildungsschere droht sich weiter zu öffnen. Und der Fachkräftemangel kann so nicht behoben werden.