Der Staat soll Steuern kassieren und schweigen.
Nach den Reden unserer Politiker lebt der ideale Bürger abstinent, treibt Sport, hält sich damit fit für den Beruf, verursacht wenige Kosten im Gesundheitswesen, ist sozialverträglicher im Umgang mit seinen Mitmenschen und ökologisch bewusst. Nach den Taten derselben Volksvertreter ist der ideale Steuerzahler ein kettenrauchender Alkoholiker, der möglichst oft mit Bleifuß über die Autobahn brettert. Denn immer wieder, wenn der Staat klamm ist, greift er in die Taschen der Verbraucher. Nach dem Tabak soll nun auch der Alkohol höher besteuert werden, zumindest wenn es nach den Vorstellungen des FDP-Wirtschaftsmannes Paul Friedhoff geht. Sich die Regierung schönzutrinken würde damit nicht nur schwieriger, sondern auch teurer.
Zweifler an der Weisheit dieser Beschlüsse werden mit den gesundheitlichen Folgen von Genussmitteln und der segensreichen Lenkungswirkung von Steuern belehrt. In Skandinavien aber, wo Alkohol zu Apothekenpreisen in staatlichen Monopolläden ausgegeben wird, ist der Alkoholismus mitnichten ausgestorben. Großbritannien, auch ein Hochpreisterritorium für Tabak und Gin, zählt zu den Miterfindern des modernen Komasaufens. Italien oder Spanien wiederum, seit Jahrtausenden traditionelle Weinländer, pflegen einen wesentlich gesitteteren Konsum - bei vergleichsweise niedrigen Steuern und Preisen.
Friedhoff ist allerdings kein Gesundheitsapostel. Er ist ein Umverteiler von Geld aus den Taschen der Bürger in die Kassen der Wirtschaft. Mit der Alkoholsteuer will er die Luftfahrt vor der Ticket-Sonderabgabe bewahren. Die Tabaksteuer wird ja schon erhöht, um energieintensive Betriebe vor der Ökosteuer zu retten. Das ist so wie die Mehrwertsteuerreduzierung für Hotelübernachtungen zwar das Gegenteil von "einfacher, niedriger und gerechter", dem Steuermantra der Liberalen vor der Wahl - aber immerhin ehrlich. Die Zahl derer, die sich von diesem Kabinett eine große Steuerreform erhofft hatten, dürfte angesichts der bisherigen Erfahrungen dahinschmelzen wie die Alpengletscher.
Die Regierenden mögen also das Geld nehmen - wenn möglich in Maßen. Das ist das Vorrecht des Staates und auch notwendig. Da Steuern ohnehin allgemeine und nicht zweckgebundene Einnahmen sind, sollten die Regierenden ihr Volk bitte künftig mit volkspädagogischen Ergüssen über gesundes und vernünftiges Leben verschonen. Auf diesem Gebiet sind Ernährungsberater oder Ärzte deutlich glaubwürdiger.