Schleswig-Holstein muss neu wählen - möglichst schnell.
Maximal haltbar bis 30. September 2012: Dieses Verfallsdatum haben die Schleswiger Verfassungsrichter gestern der Kieler Landesregierung unter Noch-Regierungschef Peter Harry Carstensen verpasst. Das politische Ende eines der letzten übrig gebliebenen CDU-Granden rückt damit näher. Doch selbst diese zwei Jahre sind noch zu lang für dessen Kabinett. Die Landesregierung hat streng genommen keine Legitimität.
Sie stützt sich auf eine parlamentarische Mehrheit, obwohl sie weniger Wählerstimmen erhalten hat als die Opposition. Der Wählerwille wurde nach der Wahl 2009 ins Absurde geführt. Und so erinnern die Einzigartigkeiten des Kieler Wahlgesetzes und seine eigentümliche Auslegung irgendwie an eine Bananenrepublik. Mit diesem Wahlgesetz macht das Verfassungsgericht jetzt Schluss. Insofern ist sein Urteil ein Triumph für die Demokratie.
Seit Uwe Barschel ist kein Ministerpräsident in Kiel mehr "normal abgetreten". Engholm besiegelte sein politisches Ende mit einem Rücktritt, Nachfolgerin Simonis ist noch heute auf der Suche nach dem "Heide-Mörder", dem "Parteifreund", der ihr die Stimme verweigerte, und Peter Harry Carstensen beendete vor einem Jahr die Zank-Koalition mit der SPD, indem er sie platzen ließ. Das hat das Land nicht verdient.
Schleswig-Holstein ist bankrott. Doch Schwarz-Gelb traut sich, den Versuch einer Haushaltskonsolidierung zu starten und das größte Sparprogramm in der Geschichte des Landes aufzulegen. Nur, wer soll das durchsetzen? Eine Regierung mit Einstimmenmehrheit auf Abruf? Ein Ministerpräsident mit einer Halbwertszeit von maximal zwei Jahren? Abgeordnete, die um ihre Wiederwahl fürchten? Sieht so eine gestaltende und stabile Mehrheit aus?
Schleswig-Holstein braucht stabile Verhältnisse wie kein zweites Bundesland. Und keinen Dauerwahlkampf in den nächsten zwei Jahren. Deshalb muss die Landesregierung den Weg für Neuwahlen möglichst schnell frei machen, statt die Gnadenfrist, die das Gericht gelassen hat, auszuschöpfen.
CDU und FDP werden sich schwer damit tun. Die Machtfrage beim Seniorpartner der Koalition ist nicht geklärt, und der FDP droht nicht nur der Verlust etlicher Mandate, sondern der Wechsel von der Regierung direkt in die außerparlamentarische Opposition. Das ist nicht der stärkste Antrieb, Neuwahlen schon 2011 zu ermöglichen. Doch Zaudern und Zögern aus machttaktischen Überlegungen bleiben Wählern nicht verborgen. Deren Denkzettel wird folgen.