Warum Hamburgs Universität an den Hafen gehört. Oft hilft der Blick zurück, um den Horizont zu weiten. Es dauerte Jahrhunderte, bevor Hamburg 1919 endlich seine Universität bekam. Bis zuletzt hatten Senat und Bürgerschaft, vor allem aber die Handelskammer eine Gründung verhindert.
Oft hilft der Blick zurück, um den Horizont zu weiten. Es dauerte Jahrhunderte, bevor Hamburg 1919 endlich seine Universität bekam. Bis zuletzt hatten Senat und Bürgerschaft, vor allem aber die Handelskammer eine Gründung verhindert. Studieren könne man schließlich auch in Göttingen, argumentierten damals die Kaufleute. Inzwischen drängt sich der Eindruck auf: So viel hat sich nicht verändert.
Denn seit Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) vor knapp zwei Jahren erstmals vorschlug, einen neuen Campus auf dem Kleinen Grasbrook zu errichten, schlagen ihr Unverständnis, Empörung, ja Hass entgegen. Handelskammer, Opposition und der Bezirk Eimsbüttel bekämpfen die Pläne. Am vehementesten wehren sich viele Studierende und Lehrende der Universität gegen diesen Quantensprung. Fast drängt sich der Eindruck auf, die Universität stehe vor der Vertreibung aus dem Paradies in die Wüste. Wer sich aber etwas genauer auf dem Campus im Grindelviertel umschaut, fühlt sich eher an eine architektonische Vorhölle erinnert. Viele Uni-Bauten sind in einem so erbärmlichen Zustand, dass der Senat nur für das Beheben der größten Sicherheitsmängel gestern 25 Millionen Euro bereitstellen musste.
Da ist es gut, dass Senatorin Gundelach über das Ende der Legislatur hinausdenkt. Stadtentwicklungspolitisch ist der Umzug auf den Kleinen Grasbrook die Verwirklichung eines alten Versprechens - damit gelänge der Sprung über die Elbe, damit würde der Fluss nicht mehr trennen, sondern verbinden. Der Süden, bislang von Städteplanern vor allem mit Kraftwerken und Mülldeponien bedacht, würde aufleben.
Noch wichtiger aber ist der neue Campus für die Universität selbst. Menschen prägen Architektur, aber die Architektur prägt auch Menschen. Ein moderner Campus setzt ein klares internationales Aufbruchsignal - auf dem Kleinen Grasbrook gibt es ausreichend Flächen, um zu expandieren und im direkten Umfeld wachstumsstarke Ausgründungen anzusiedeln. Dieser Wille zum Aufbruch und zum Qualitätssprung macht offenbar Angst und treibt viele strukturkonservative Hochschulangehörige in den Widerstand.
Der Senat ist gut beraten, Beharrlichkeit mit Zugeständnissen zu paaren. Ein Totalumzug ist weder für Eimsbüttel noch den Stadthaushalt verkraftbar; die zuletzt diskutierte Teilverlagerung der Fächer Mathematik, Informatik, der Natur- und Wirtschaftswissenschaften könnte ein kluger Kompromiss sein. Der Kleinmut darf nicht, wie so oft in der Hamburger Geschichte, diesen großen Wurf verhindern.