Berlin. Wann wird man wieder Filme auf der großen Leinwand sehen? Die Kinos sind wegen der Pandemie seit Wochen wieder geschlossen. Im vergangenen Jahr erlebten die Filmtheater einen enormen Einbruch der Besucherzahlen.
Die Pandemie hat die Besucherzahlen deutscher Kinos dramatisch einbrechen lassen. Im vergangenen Jahr wurden rund 38,1 Millionen Tickets verkauft - etwa 80,5 Millionen weniger als noch ein Jahr zuvor. Das entspricht einem Rückgang von rund 68 Prozent, wie aus Zahlen der Filmförderungsanstalt (FFA) in Berlin hervorgeht.
"Dass 2020 für die Kinos dramatisch sein würde, hat sich schon beim ersten Corona-Lockdown Mitte März angekündigt", heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Analyse.
Die Kinos waren schon im Frühjahr 2020 mehrere Wochen geschlossen, wegen der Abstandsregeln durften auch im Sommer und Herbst nur deutlich weniger Besucher in die Kinosäle. Seit November sind Filmtheater und andere Einrichtungen bundesweit wieder dicht, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen.
Im vergangenen Jahr machten die Kinos entsprechend weniger Umsatz. Sie nahmen laut Erhebung rund 318 Millionen Euro ein - etwa 69 Prozent weniger als noch im Jahr 2019. Damals hatten die Kinos mehr als eine Milliarde Euro umgesetzt. Dank Blockbustern waren die Besucherzahlen wieder gestiegen.
Auch diesmal hätten große Produktionen auf die Leinwand kommen sollen. Wegen der Pandemie wurde aber zum Beispiel der Start des neuen "James Bond"-Films erneut verschoben. "Keine Zeit zu sterben" soll nach jetziger Planung im Herbst 2021 anlaufen. Noch ist unklar, wie lange die deutschen Kinos geschlossen bleiben.
Aus den Zahlen der Filmförderungsanstalt ist noch nicht ersichtlich, wie gut oder schlecht die jeweiligen Kinos durch die Krise kommen. Droht eine Pleitewelle oder können die Betreiber mit Rücklagen, Kurzarbeitergeld und Hilfsgeldern durch die Zeit kommen?
Die Zahl der Kinounternehmen hat sich laut FFA-Statistik im Jahresvergleich bisher nicht verändert. Bei den Spielstätten gibt es unter dem Strich sechs weniger als ein Jahr zuvor - insgesamt sind es 1728. Die Zahl der Kinosäle sank um 35 auf insgesamt 4926. Die Analyse verweist darauf, dass weitere Veränderungen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt werden können. Grund ist die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht.
"Die Auswirkungen der Pandemie auf die Kinolandschaft werden sich erst im Laufe dieses Jahres zeigen", wird FFA-Vorstand Peter Dinges zitiert. "Aber ich bin fest davon überzeugt, dass die Menschen die Kinos als Kultur- und Erlebnisorte schon lange schmerzlich vermissen und nur darauf warten, dass die Häuser endlich wieder öffnen dürfen. Deshalb wird es nach dem Neustart wieder richtig losgehen."
Die Kinobetreiber hoffen auf eine Perspektive. "Insgesamt war das Jahr natürlich eine absolute Katastrophe", sagte Christian Bräuer von der AG Kino - Gilde deutscher Filmkunsttheater in Berlin. Der Verband vertritt Programmkinos in Deutschland. Die Filmwelt drehe sich weiter, sie drehe sich jetzt aber vor allem bei den Streamingdiensten weiter. Das sei schade für die große Leinwand.
Es sei entscheidend, dass jetzt Hilfsgelder auch ankämen, sagte Bräuer. Bisher hätten nur wenige Kinos mehr als Abschlagszahlungen erhalten. Die ersten zweieinhalb Monate des vergangenen Jahres seien gut gelaufen, auch im Herbst seien Kinos so weit ausverkauft gewesen, wie es Auflagen zugelassen hätten. Kinos seien in der Nachbarschaft verankert und zeigten eine Vielfalt an Filmen, sagte Bräuer.
Und was haben die Menschen 2020 im Kino so geguckt? Die meisten Zuschauer hatten drei große Hollywood-Produktionen: die Actionkomödie "Bad Boys for Life" mit Will Smith, der Thriller "Tenet" und der "Star Wars"-Film "Der Aufstieg Skywalkers". Auf dem vierten Platz landete die deutsche Komödie "Nightlife".
Dass diesmal vergleichsweise viele Kinobesuche auf deutsche Filme fielen (etwa 35 Prozent), ist wohl auch der Tatsache geschuldet, dass wegen der Pandemie weniger internationale Produktionen anliefen.
Dinges nannte die Besucherzahlen für das vergangene Jahr ein "sehr schlechtes Ergebnis", das in dieser Situation aber zu erwarten gewesen sei. Die FFA habe mit den anderen Förderungen des Bundes und der Länder alles in ihrer Macht Stehende getan, um die Not zu mildern. Auch sonstige Hilfsprogramme der Bundesregierung hätten geholfen. "Trotzdem ist die Lage für die Branche sehr schwierig."
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