Berlin. Tricia Tuttle hat mit den Folgen der letzten Preisverleihung zu kämpfen: „Ich kann nicht so tun, als würde es nicht passieren.“

Die Berlinale ist eins der drei großen A-Filmfestivals der Welt. Und doch überlegen sich Filmemacher offenbar sehr, ob sie ihre Filme in Berlin vorstellen wollen. Das hat Tricia Tuttle, die neue Intendantin der Berliner Filmfestspiele, dem britischen „Guardian“ am Montag in einem Interview verraten: Einige Filmkünstler befürchteten, dass Kritik an israelischen Aktionen als Antisemitismus verurteilt werde. „Es ist ein echtes Thema“, so Tuttle. „Ich kann nicht so tun, als würde es nicht passieren.“

Die 54-Jährige leitet vom 13. bis 23. Februar ihr erstes Festival. Und hat dabei mit einer Altlast zu kämpfen. Bei der letzten Preisverleihung unter ihren Vorgängern Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek war es zum Eklat gekommen, als mehrere Filmemacher in ihren Dankesreden ihre Solidarität mit Palästina bekundeten und Israel für seine Angriffe auf Gaza kritisierten. Die Regisseure des preisgekrönten Dokumentarfilms „No Other Land“ sprachen dabei sogar von „Genozid“ und „Apartheid“. Weshalb einige deutsche Politiker im Nachhinein die Berlinale als Plattform für Hassreden anprangerten.

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Der palästinensische Filmemacher Basel Adra (r.) und sein israelischer Koregisseur Yuval Abraham bei der Preisverleihung der Berlinale am 24. Februar 2024. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber

Tuttle mache bei der Planung ihres ersten Festivals die Wahrnehmung, dass Deutschland die Reden über den Nahostkonflikt „übereifrig kontrolliert“ habe und die Kontroverse darum nicht ohne Folgen bliebe. Künstler, deren Namen sie lieber nicht nennen wolle, machten sich sorgen, ob sie noch frei sprechen könnten, ob sie nicht in der Lage wären, Mitgefühl für die Opfer in Gaza auszudrücken? Die Filmemacher seien wirklich unsicher“, so Tuttle: „Und ich habe mit Künstlern gesprochen, die sich deshalb fragen, ob sie kommen sollten.“