Hamburg. Dancehall-Star aus Jamaika ließ 90 Minuten lang 4000 Fans im ausverkauften Grünen tanzen. Dabei zeigte sich einmal mehr: Er ist ein wahrer Poet.
„Sean Paul spielt im Stadtpark? Der ist doch viel zu berühmt“, sagte eine Besucherin im Juni beim Konzert von Alice Cooper, als sie das groß an den Stadtpark-Bühnenflanken plakatierte Programm der diesjährigen Saison durchlas. Na, ja. Viel zu berühmt war der jamaikanische Dancehall-Star vielleicht vor 22 Jahren, als er mit dem zweiten Album „Dutty Rock“ in den USA, in Deutschland und Großbritannien Platin aufstapelte, aber das ist wirklich lange her.
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Bei seinem dritten Gastspiel seit 2014 ist der Stadtpark am Dienstag aber tatsächlich ausverkauft. Das wundert einen schon, denn Hits Marke „Get Busy“, oder „Temperature“ sind selten geworden, das aktuelle Album „Scorcha“ ist 2022 trotz prominenter Beteiligung von Sia, Gwen Stefani und Damian Marley völlig untergegangen.
Sean Paul schüttelt Hamburgs Stadtpark durch: Publikum wird „Wackelpudding“
Aber: Seine Tracks sind immer noch gern gehört in Mainstream-Clubs, und sie untermalen viele TikToks. Das reicht offensichtlich, um von 4000 Hamburger Fans nicht vergessen zu werden. Die bekommen nach einer kräftigen Dusche bei Support-DJ Vlader und dem Auftakt mit „So Fine“ auch gleich mit „Get Busy“ den großen Hit zum Aufwärmen im alles andere als karibischen Abendwetter. Immerhin bleibt es nach dem Vorprogramm trocken.
„Shake dat ting … woman get busy, just shake dat booty non-stop … yo, sexy ladies wan‘ party wid us”, singt und rappt Sean Paul seine tiefgründigen Texte über das Brüste- und Hinternschütteln ins Mikro, und seine Band mit Bassist, Schlagzeuger, DJ, zwei Keyboardern, zwei MCs und zwei Tänzerinnen tut ebenfalls ihr Möglichstes, um die Party im Stadtpark zu starten. Das gelingt trotz der mäßigen Soundqualität auch absolut, bis in die letzten Reihen wird mitgewippt und mit den Armen das eine oder andere Ganja-Rauchzeichen weggewedelt. Sommerparty in Winterhude.
Sean Paul verspricht sogar, Hamburg nicht mehr zu verlassen
Kollaborationen mit Stars hat Sean Paul so einige gesammelt, und die ziehen sich neben „Give It Up To Me“ und „Got 2 Love U“ auch durch das Programm mit Sia („Cheap Thrills“) und Dua Lipa („No Lie“), die als Stimmen vom Band dazustoßen und so ein wenig die Gleichförmigkeit von Sean Pauls oft ohne Pause aneinandergereihte Dancehall-Tracks auflockern. Entspannter Reggae wie „I‘m Still In Love With You“ bleibt die Ausnahme.
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Aber bis zum Finale hat man selten den Eindruck, dass das Publikum wie in der Disco am Rande der Tanzfläche wartet, bis der DJ sich erbarmt und endlich die Lieder rauskramt, die schon vor Stunden auf dem zerknüllten Wunschzettel am Pult hinterlassen wurden. Der Vibe bleibt hoch, und Sean Paul feuert das Rund gefühlt minütlich an und verspricht sogar, Hamburg nicht mehr zu verlassen, weil ihm hier so einiges gut gefällt. Besonders die Ladys. Okay.
Nach 80 Minuten ist es so weit: „She Doesn’t Mind“ und „Temperature“ werden gegeben, die Menge ist in den letzten zehn Minuten ein großer Wackelpudding. „But down in Jamaica we give it to you hot like a sauna“, ruft Sean Paul in seiner letzten tiefgründigen Nummer über das Brüste- und Hinternschütteln. Ein wahrer Poet.