Berlin. Erstmals erhält ein Fernsehsender den Namen einer Tageszeitung – Medienhaus Axel Springer verspricht sich Werbeeffekt.
Kein Feuerwerk. Keine Ansprachen. Keine Fanfaren. Es wird nichts Großartiges passieren, wenn der Nachrichtensender N24 am ganz frühen Donnerstagmorgen seinen Namen ändert. Ab 3 Uhr heißt er dann Welt – genauso wie die gleichnamige Tageszeitung, die vom Medienhaus Axel Springer herausgegeben wird. Das ist kein Zufall, denn im Dezember 2013 kaufte Springer den Sender und verleibte ihn seiner Welt-Gruppe ein. Die Umbenennung kündigte das Medienhaus bereits Anfang Juli 2015 an. Seither wurden grafische Elemente von N24 wie Senderlogo, Bauchbinden oder Sendungstitel dem optischen Erscheinungsbild der „Welt“ angeglichen. Der Namenswechsel ist der letzte Schritt.
Die Umbenennung ist dennoch spektakulär. Noch nie wurde ein TV-Kanal nach einer Tageszeitung benannt. Sogar auf den Zusatz „TV“, mit dem Verlage sonst gern ihre Fernsehableger versehen, haben sie bei Springer verzichtet. „Wir sind im Gegensatz zu ‚Süddeutsche TV‘ oder ‚Focus TV‘ keine einzelne Sendung, sondern ein ganzer Fernsehsender“, sagt Geschäftsführer Torsten Rossmann. Zudem soll der Name zu verstehen geben, dass sie bei Springers „Welt“ die Zeitungen, die digitalen Angebote und den Fernsehsender als Einheit verstehen. Vor allem die Digitalangebote dürften von dem neuen Mitglied der Markenfamilie profitieren. Bewegte Bilder werden im Netz besonders häufig geklickt.
Nachrichtensender wertet die Marke auf
Im Kern aber ist die Umbenennung eine groß angelegte Marketingmaßnahme für die Marke „Welt“. Die Tageszeitung selbst gilt in Branchenkreisen seit Jahrzehnten als defizitär. Sie verkaufte im vierten Quartal 1990 225.141 Exemplare. Seither ging die Auflage stark zurück. Wenn aber der größte deutsche Nachrichtensender – auch wenn sein Marktanteil nur bei 1,2 Prozent liegt – plötzlich so heißt wie eine Tageszeitung sowie deren digitale und analoge Ableger, wertet das deren Marke enorm auf. Noch bis zum 31. Januar läuft eine Werbekampagne, die auf den Namenswechsel hinweist.
Nicht zu unterschätzen ist schließlich der Werbeeffekt, der dadurch entsteht, dass der Sender die TV-Kanäle des reichweitenstarken Fernsehkonzerns ProSiebenSat.1 mit Nachrichten beliefert. Ursprünglich gehörte er der Privatsendergruppe. Wenn in Nachrichtensendungen von Sat.1, ProSieben und Kabel 1 die Reporter des Nachrichtenkanals Politikern und Wirtschaftsführern ihre Mikrofone entgegenrecken, wird auf ihnen groß „Welt“ zu lesen sein. Der Vertrag mit ProSiebenSat.1 soll in den nächsten Tagen verlängert werden.
„Bund fürs Leben“
Für „Welt“-Chefredakteur Ulf Poschardt ist die Beziehung mit dem Sender ein „Bund fürs Leben“. Er ist bereits heute für die Tageszeitung, die Digitalangebote, die „Welt am Sonntag“ und den Fernsehsender verantwortlich. Poschardt schwärmt von gemeinsamen Redaktionskonferenzen und davon, dass alle „Welt“-Angebote auf Mitarbeiter des TV-Kanals zugreifen könnten, die mitunter in so abgelegenen Gegenden wie Kirgistan und Nord-Mazedonien säßen.
Doch ansonsten scheint es, als führe der Sender in der Welt-Gruppe auch nach der Umbenennung ein gewisses Eigenleben. Zwar sind schon heute immer wieder Redakteure der Tageszeitung als Experten zu Gast in Sendungen von N24. Aber nur Chefredakteur Poschardt ist laut Job-Beschreibung als einziges Mitglied der „Welt“-Redaktion auch zuständig für den TV-Kanal. Die Pressestelle des Senders bleibt erhalten, ebenso der Posten von Geschäftsführer Rossmann. Der wichtige Kunde ProSiebenSat.1 legt Wert darauf, dass ihm der TV-Manager als Ansprechpartner erhalten bleibt.
Neue Formate wird es nicht geben
Neue Formate wird es anlässlich des Namenswechsels übrigens nicht geben. Und während alle anderen Mitarbeiter der Welt-Gruppe im Axel-Springer-Haus in der Berliner Axel-Springer-Straße arbeiten, sitzen die TV-Leute auch weiterhin in ihrem zwei Kilometer entfernten Studio am Potsdamer Platz. Frühestens 2020, wenn Springers Neubau gegenüber dem Haupthaus fertig werden soll, können sie mit den Print- und Digitalkollegen zusammenziehen.
So ganz wird der Name N24 nicht verschwinden. Die Welt-Gruppe soll auch künftig Welt N24 GmbH heißen. Und für den Tochterkanal N24-Doku ändert sich gar nichts. Weil der Ableger des Nachrichtensenders erst im September 2016 auf Sendung ging, darf er seinen Namen behalten. Eine Umbenennung will Rossmann den Zuschauern nur gut ein Jahr nach Sendestart nicht zumuten.