Köln. Der Dortmunder „Tatort: Zahltag“ verzettelt sich trotz starker Figuren in den Problemen der Ermittler.

Heller Tag, belebte Gegend. Aber beides heißt nicht, dass man sicher ist. Nicht in der Nordstadt, nicht im WDR-„Tatort“. Nicht als harmloser Spaziergänger, erst recht nicht als Mitglied einer Motorradgang. Ehe der Mann sich versieht, wird er mit voller Absicht vom Fahrer eines schweren Geländewagens umgemäht und Sekunden später auch noch beschossen.

Es ist „Zahltag“, es wird abgerechnet. Am Ende ist der Biker tot und ein junger, unbeteiligter Familienvater stirbt auch bei dem Anschlag. Dortmund ist wieder einmal düster.

Schnell stellt sich heraus, dass die Spur zu einem Rockerclub mit dem für Dortmund passenden Namen „Miners“ führt, der gerade die Haft-Entlassung seines Präsidenten feiert. Recht hart möchten die Männer in Leder sein, wirken aber meist nur wie die US-TV-Biker „Sons Of Anarchy“ für mittlere Lohngruppen. Ausnahme ist Jürgen Maurer, der hier nach seiner Rolle als schwuler Ehemann in der Serie „Vorstadtweiber“ kaum wiederzuerkennen ist und den Club-Boss gekonnt als Edel-Proll anlegt.

Die folgenden Ermittlungen gestalten sich allerdings recht zäh. Was nicht nur an der verschachtelten, manchmal sogar etwas konfusen Geschichte um Machtkämpfe im Rockermilieu und Geldwäsche der Mafia liegt. Es sind die eigenen Probleme, die das Ermittler-Quartett mit sich herumschleppt und die in der aktuellen Folge im Beginn des Disziplinarverfahrens gegen Faber gipfeln, den Jörg Hartmann einmal mehr brillant spielt.

Selten war Kommissar Faber fieser als in dieser Folge

Äußerlich unbeeindruckt, aber insgeheim voller Angst seinen Job zu verlieren, macht sich Faber auf die Jagd nach den Mördern. Nicht wie in den ersten Folgen selbstmitleidig und verunsichert, sondern stur, dickköpfig, manchmal fast von einer Art Todessehnsucht getrieben, teilt er rücksichtslos aus, wo er geht und steht – egal ob in der voll besetzten Rockerkneipe oder im Gespräch mit Vorgesetzten.

Selten war Faber fieser als in dieser Folge, nie seine Kollegin Martina Bönisch (Anna Schudt) von ihm enttäuschter. Auch weil er den vom Alkohol gezeichneten, von Enttäuschung zerfressenen Kossik (Stefan Konarske) einmal mehr übel hintergeht. Spätestens da hat auch Nora Dalay (Aylin Tezel) ihr einst unbeschwertes Lächeln längst verloren. Jeder gegen jeden, manchmal auch alle gegen einen und zwar gegen den Kollegen von der Internen, der herrlich stoisch gespielt wird von Milan Peschel. Dass der Fall am Ende gelöst wird, ist da fast schon Nebensache.

„Zahltag“ ist keine Fortsetzung im klassischen Sinn, aber wer Kommissar Faber und Kollegen gerade erst kennenlernt, wird sich schwertun, alles zu verstehen. Denn die zu Recht so oft gelobte und in der deutschen TV-Landschaft immer noch seltene horizontale Erzählweise, setzt nach mittlerweile neun Folgen immer mehr Vorwissen beim Zuschauer voraus. Wer aber von Anfang an dabei war, der merkt von Folge zu Folge mehr, welche Möglichkeiten sich bieten, wenn man episodenübergreifend Handlungsfäden spinnen und Charaktere entwickeln kann.

Der Zuschauer merkt aber auch, dass man den Bogen nicht überspannen darf, einen Konflikt auch mal auflösen muss, bevor eine Krimireihe zur Psycho-Studie wird.

So gesehen ist der Abgang von Stefan Konarske, der in der kommenden Folge aussteigt, um sich neuen Projekten zu widmen wahrscheinlich eine gute Gelegenheit, dem Dortmunder „Tatort“ eine neue Richtung zu geben. Es ist, den starken Figuren zum Trotz, auch langsam Zeit dafür.

„Tatort: Zahltag“ So, 20.15, ARD