München. In der unübersichtlichen Lage des Amoklaufs am Olympia Einkaufszentrum blieb da Gloria Martins souverän. Lob ist ihm aber peinlich.
Kameras und Mikrofone - immer wieder richten sie sich auf Marcus da Gloria Martins. Souverän, sachlich, wortgewandt und ohne das geringste Zeichen von Anspannung steht er Rede und Antwort. Fast ohne Pause war er seit Freitagabend in Medien aus ganz Deutschland und vielen anderen Ländern präsent. „Unsere Gedanken sind bei den Familien der Opfer“, beendet er kurz vor 3 Uhr am frühen Sonnabendmorgen eine Pressekonferenz im Polizeipräsidium, wenige Stunden später geht es weiter.
Ermüdung? Nicht zu sehen. „Wichtig ist mir der Aspekt, dass man Ruhe bewahren sollte.“ Der Pressesprecher der Münchner Polizei gibt dabei selbst ein perfektes Vorbild. „Mir bleibt ja nichts anderes übrig“, sagt er, räumt aber ein: Dieser Einsatz nach den tödlichen Schüssen sei die absolute Ausnahme - im Leben eines Polizeibeamten, aber auch für die Stadt München.
Schon mehr als 50.000 Facebook-Fans
„Ihre Präsenz strahlte Ruhe und Besonnenheit aus, die mir das Gefühl von Sicherheit in diesen scheußlichen und traurigen Minuten gab. Hochachtung und Respekt“, schreibt jemand auf Facebook, ein anderer postet, der Sprecher habe es geschafft, „ein ganzes Land zu beruhigen“. Für da Gloria Martins gibt es schon eine eigene Fanseite, bis zum Sonnabendnachmittag haben fast 33.000 Menschen auf „gefällt mir“ gedrückt, am Sonntag sind es schon mehr als 50.000.
Erst nach der langen Amoknacht habe er mitbekommen, dass es diese Facebookseite gebe, sagt der Polizeisprecher. Der Trubel sei ihm peinlich. Es sei zwar schön, Lob zu bekommen, aber: „Es geht nicht um meine Person.“ Ohne sein Team hätte es diese Öffentlichkeitsarbeit nicht gegeben. „Ja, ich bin das Gesicht gewesen, stimmt. Aber die Leistung liegt nicht bei mir.“ Und er verweist auf die 2300 Einsatzkräfte, die in der Nacht auf Münchens Straßen die Sicherheit gewährleistet hatten.
Münchner Polizei punktet mit Lockerheit
Marcus da Gloria Martins, 43, Familienvater, zwei Kinder. Portugiesische Wurzeln. Aufgewachsen im Rheinland. Nach München gekommen: „der Liebe wegen“. Erst seit Oktober vergangenen Jahres leitet da Gloria Martins die Pressestelle. Polizeipräsident Hubertus Andrä ist zufrieden: „Der Präsident hat die Aufgabe, die fähigsten Köpfe auszuwählen“ - und das sei hier gelungen.
Da Gloria Martins hat die Präsenz der Münchner Polizei auf Facebook und Twitter vorangebracht. Die Beamten punkten mit ihrer lockeren Art in den sozialen Medien. Dutzende Tweets in vier Sprachen haben seine Leute in der Nacht auf den Weg gebracht, mahnend, informativ.
Kaum ein Vierteljahr im Amt hatte da Gloria Martins den ersten Terroreinsatz zu bewältigen: An Silvester gab es einen Terroralarm am Münchner Hauptbahnhof. Binnen kürzester Zeit startete ein Großeinsatz - damals gab es aber keinen Anschlag.
Dieses Mal war es ernst. Auf dem Weg ins Büro nach den ersten Notrufen habe er Menschen in der Fußgängerzone in Panik laufen sehen. „Da weiß man, was Angst mit Menschen macht.“
Martins begann als ziviler Fahnder
Trotzdem: Traumjob Polizist? „Mittlerweile: ja“, sagt er. Anfangs habe ihn auch die Aussicht gelockt, „nach der Ausbildung vielleicht doch das zu studieren, was mich interessiert. Allerdings habe ich relativ schnell erkannt, dass Geschichte ein brotloses Gewerbe ist.“ Es habe dann sehr schnell angefangen, „richtig Spaß zu machen“. „Und jetzt habe ich 23 Jahre auf der Uhr. So schnell geht das.“
Da Gloria Martins war im Rauschgiftbereich, als ziviler Fahnder, Dienststellenleiter bei der Verkehrspolizeiinspektion und als einfacher Streifenpolizist unterwegs. „All das hatte in der jeweiligen Funktion seinen Charme“, sagt er. „Wenn Sie mir vor zwei oder drei Jahren gesagt hätten, dass ich irgendwann mal für die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei München verantwortlich bin, hätte ich Sie vermutlich ausgelacht.“
Nun managt er routiniert die Pressekonferenz mit eilends angereisten Journalisten aus verschiedenen Ländern im überfüllten Presseraum des Polizeipräsidiums. „Der Herr am Feuermelder“. „Und jetzt die Dame am Notausgang.“ Wer eine Frage unaufgerufen einfach nachschiebt, den verweist er in die Schranken: „Gelbe Karte“.
Seine Familie zuhause hatte sich freilich auf ein gemeinsames Wochenende gefreut. „Meine Kinder waren ziemlich enttäuscht, dass ich ziemlich spontan wegmusste.“