Hamburg. Kaperung des Tagesschau-Studios, ein Ermittler mit geschulterter Panzerfaust: Im Tatort mit Til Schweiger gab es mächtig Action.

Man war ja schon stinkig nach „Der große Schmerz“: Tschillers blonde Wieder-Gefährtin dahingeschieden, die neue sehr schwarzhaarige Gegenspielerin ebenso. Jetzt nur noch Testosteron, oder was? Obwohl: Trotz gnadenlos grüner Augen war die Russenmafia-Flintenfrau Leyla in Wirklichkeit so gar nicht weiblich. Passt also schon, dass Darstellerin Helene Fischer bei der Sonntag-Ausstrahlung des zweiten Teils des Doppel-„Tatorts“ nicht mehr dabei war. Es gibt im Vendetta-Plot um Til Schweigers Brachial-Bullen und seinen Hamburger Intimfeind, den Clanchef Firat Astan, genug ballerfreudiges Personal.

Höhepunkt: Nick Tschiller mit Panzerfaust

Der Höhepunkt von „Fegefeuer“: Ego-Tripper Tschiller mit der Panzerfaust. Das spätestens ist der Moment, in dem man sich als Rezipient grundsätzlich klar sein muss, auf was man sich bei den Schweiger-„Tatorten“ einlässt. Es sind bewusste Gegen-Veranstaltungen zu den rührigen Gesellschafts- und Psychokrimis, für die das ARD-Flaggschiff sonst steht. Wer Schweigers Mission als sinnvoll-tumbe Ergänzung betrachtet, der kann seinen Spaß an den abstrusen Handlungselementen haben und sich auf den nächsten Tschiller-„Tatort“ freuen. Der läuft im Frühjahr sogar im Kino. Und wird mit Sicherheit dieselbe Action-Ästhetik haben wir der Film auf dem behaglichen Sonntagabendsendeplatz.

Los ging der „Tatort“ mit der Kaperung der „Tagesschau“ durch eine angebliche „Tschetschenisch-Islamistische Befreiungsarmee“ (böse überrascht: Judith Rakers!), die Astan freipressen will. Bevor sie überhaupt weiß, dass Tschiller (kecke Ansage ans LKA: „Wenn ihr stürmt, gehört er mir“) den längst einkassiert hat. Hat er wirklich, der Teufelskerl. Teufelkerl! – das denkt man ständig angesichts der Rambo-Attitüde Tschillers, die es oft, aber eben nicht immer vermag, die Logiklöcher mit polizeilicher Prollpower zu stopfen.

Pralle Action, maue Dialoge

Die Dialoge allerdings, das muss man sagen, unterbieten ohne Unterlass jegliches Niveau und bringen es fertig, an Handwerk und Humor der Drehbuchschreiber nachhaltig zu zweifeln („Ich verkaufe Glückskekse an deinem Grab“). Diagnose: voll in die Hose. Und wer glaubt eigentlich ernsthaft, dass Tschiller während der verzwickten Hamburg-Odyssee weiß, was er tut? Mit Astan an Bord gurkt Tschiller durch dunkle Stadtlandschaften, was ja ein schönes Bild ist für die Planlosigkeit des Krimis. Der Weg ist hier nämlich das Ziel: So lange der Nick noch ins Irgendwo fährt, kann alles noch gut werden. Wir sehen ihm verbale Ausfallerscheinungen und auch die vorübergehende Formschwäche im Schurken-Wrestling nach – Tschiller ist übel auf Schlafentzug. Einmal muss Astan ihn doch glatt raus hauen. Dafür darf er später Tschiller vom ewigen Exil seiner kurdischen Sippe berichten, die dann in Hamburg heimisch wird, „schöne Stadt, aber zu viele Türken“.

Um was es eigentlich geht, verliert man als Zuschauer manchmal glatt aus den Augen – warum noch mal ist der klebrige Innensenator Revenbrook den Russen ausgeliefert? „Wenn das über Youtube läuft, dann kotzt die Hansestadt“, sagt Astan über ein mögliches Sexvideo, in dem Revenbrook zu sehen sein soll. Die Russen, die Türken, alle wollen Astan, und den Hafen wollen sie auch, heißt es jedenfalls hin und wieder. Und Tschiller will Gerechtigkeit für alle. Kriegt er aber nicht.

„Die Handlung doof, die Action schriller, Sie sehen ein #Tatort mit Nik Tschiller“