Hamburg. IOC vergibt Olympia-Übertragungsrechte für 1,3 Milliarden Euro an US-Konzern Discovery. Auch Hamburgs Spiele könnten im Pay-TV laufen.

Olympische Sommerspiele 2024 in Hamburg: ARD und ZDF zeigen, während das Finale im 100-Meter-Sprint der Herren läuft, die Wiederholung des Synchronschwimmens – ohne deutsche Beteiligung. Was zunächst klingt wie ein schlechter Scherz, könnte durchaus wahr werden.

Völlig überraschend teilte das Internationale Olympische Komitee (IOC) am Montag mit, dass die europäischen Übertragungsrechte für die Olympischen Spiele 2018 bis 2024 an den US-Konzern Discovery, Mutter­gesellschaft der Sendergruppe Eurosport, gehen – sehr zum Missmut von ARD und ZDF.

Nur mindestens 200 Stunden frei empfangbar

Der Vertrag für alle Plattformen und Übertragungswege kostet Discovery rund 1,3 Milliarden Euro. Dafür hat das Unternehmen nun das alleinige Recht, „in allen Sprachen in 50 Ländern und Gebieten auf dem europäischen Kontinent“ die Olympischen Spiele zu übertragen, im frei empfangbaren und im Pay-TV, auf Computern und mobilen Endgeräten. Zum Deal gehört die Verpflichtung, „die Olympischen Sommerspiele mindestens 200 Stunden und die Olympischen Winterspiele mindestens 100 Stunden lang“ im frei empfangbaren Fernsehen zu zeigen, wie das Internationale Olympische Komitee weiter mitteilte. Zudem kündigte Discovery an, „einen Teil der Rechte in vielen europäischen Märkten sublizenzieren“ zu wollen.

Planspiel: Bei Olympischen Sommerspielen in Hamburg würden Wettkämpfe im Stadion am Kleinen Grasbrook stattfinden
Planspiel: Bei Olympischen Sommerspielen in Hamburg würden Wettkämpfe im Stadion am Kleinen Grasbrook stattfinden © dpa | KCAP, Kunst + Herbert

Für ARD und ZDF bedeutet das, dass sie für alle sechs Turniere, die der Vertrag betrifft – also auch die Olympischen Sommerspiele 2024, für die Hamburg als Austragungsort im Gespräch ist – nicht mit dem IOC, sondern mit Discovery über eigene Berichterstattungsmöglichkeiten verhandeln müssen.

ARD und ZDF reagieren wütend

Die öffentlich-rechtlichen Sender gaben in der Folge eine gemeinsame Pressemitteilung heraus, aus der gleichermaßen Unverständnis, Hilflosigkeit und sogar ein wenig Wut spricht. Man nehme die Entscheidung „zur Kenntnis“ heißt es, und weiter: „ARD und ZDF hatten ein angemessenes Angebot abgegeben. ARD und ZDF sind langjährige Partner des IOC und berichten nicht nur bei den Olympischen Spielen, sondern auch in den Jahren zwischen den Spielen kontinuierlich über olympische Sportarten. Damit tragen ARD und ZDF in wesentlichem Maße zur Popularisierung der olympischen Sportarten bei. Aus der Pressemitteilung des IOC geht nicht hervor, was die Rechtevergabe an die internationale Sendergruppe für den deutschen Fernsehmarkt bedeutet. Hieraus ergeben sich Fragen an das IOC und den DOSB.“

In einer internationalen Telefonkonferenz versuchte IOC-Präsident Thomas Bach, die Lage zu beruhigen. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur betonte er, der Deal bedeute nicht, „dass jetzt irgendjemand aus dem Rennen ist. Wer im Rennen sein möchte, kann sich jederzeit an Discovery wenden.“ Der Konzern habe sich offen für Verhandlungen gezeigt.

Dass das US-Unternehmen, das sich erst im Januar 2014 die Mehrheit an Eurosport sicherte, ein einfacher Verhandlungspartner sein wird, darf wohl bezweifelt werden. Discovery teilte am Montag mit, man habe noch keine konkreten Pläne, werde aber „in allen Märkten die Möglichkeiten prüfen, die Berichterstattung auszuweiten“. Welche Form diese Ausweitung annehmen wird und welche Kosten auf ARD und ZDF zukommen könnten, ist noch nicht abzusehen.

Olympia gut fürs Discovery-Prestige

Für Discovery sind die Olympischen Spiele ein Prestige-Objekt. David Zaslav, CEO von Discovery, schwärmte in der IOC-Mitteilung entsprechend von der jetzt besiegelten Partnerschaft: Sie sei „ein echter Sieg für alle Sportbegeisterten in Europa“. Man werde auf allen Plattformen eine „nie dagewesene Zahl an Inhalten“ bereitstellen, um sicherzustellen, dass das Olympische Feuer das ganze Jahr lang hell leuchte. Allerdings muss das Unternehmen den milliardenschweren Exklusivvertrag refinanzieren. Inwiefern das über Werbeeinnahmen geschehen wird und wie viel darüber hinaus mit Sublizenzen für andere Sender wieder hereingeholt werden kann, bleibt zunächst einmal abzuwarten.

Unwahrscheinlich ist jedenfalls, dass die quotenträchtigeren Sportarten der Spiele, etwa die Disziplinen der Leichtathletik, ab 2018 ihren Weg ins öffentlich-rechtliche Fernsehen finden. Die 200 frei empfangbaren Stunden, zu denen sich Discovery für die Sommerspiele verpflichtet hat, sind weder an bestimmte Sender, noch an Sportarten gebunden. Es liegt durchaus im Rahmen der Möglichkeiten, dass Sublizenzen nur für Randsportarten wie Bogenschießen oder eben Synchronschwimmen vergeben werden, während die Superstars der Leichtathletik bei Eurosport laufen – im schlimmsten Fall kostenpflichtig.