Berlin/Hamburg. Béla Réthy ist am peinlichen Tiefpunkt seiner Mikrofon-Karriere. Das Finale hatte eine Top-Quote. Das ZDF patzte auch im Heute-Journal.

Das Finale der Champions League ist gespielt, das ZDF hat eine ordentliche TV-Quote abgeräumt, aber einer hat den Fans den Fernsehabend aus Berlin verdorben: Live-Kommentator Béla Réthy. Der langjährige Fußball-Mann des Zweiten sollte mit dem Sieg des FC Barcelona seine internationale Karriere beenden und sich zurückziehen auf das Wolf-Dieter-Poschmann-Altenteil für Spielbesprecher weit entfernter Partien aus dem Studio-Off. Was Réthy zu dem munteren Finale zwischen dem alerten FC Barcelona und der Senioren-Truppe von Juventus Turin daherschwafelte, war beschämend für die Zunft. Die ganze Bräsigkeit einer arrivierten Mikro-Persönlichkeit mäanderte aus seiner Stimme in die Wohnzimmer.

Das fing an mit den Zahlenspielen, von denen die meisten aus den Statistiken abgelesen waren. x-mal Meister, y-mal Triplesieger und soundsooft die Champions League gewonnen. Stimmte meist nur halb. Man kann den Vorgänger-Wettbewerb Europapokal der Landesmeister dazuzählen, man muss es jedenfalls erwähnen. Ab und an korrigierte sich Réthy. Hatte er einen klugen Assistenten an seiner Seite?

Von Gianluigi Buffon sagte Réthy, er werde im August 38 Jahre alt. Buffon hat aber im Januar Geburtstag. Nach dem nicht gegebenen Treffer von Neymar raunte Réthy, das sei der erste Aufreger des Spiels. Aber warum hatte der ZDF-Mann das in der Zeitlupe mehrmals klar sichtbare Umreißen Pogbas im Strafraum durch Dani Alves nicht als zweifelhaft gewertet? Hatte er die Barca-Brille auf?

Zwischenzeitlich faselte er etwas von einem Stürmer, den sich nicht einmal „P-Sche-Wee“ leisten könne. Meinte er PSG, also Paris St. Germain? Oder TGV, den französischen Schnellzug? Über Juve-Mann Llorente sagte er vor dessen Einwechslung, der sei lang aufgewachsen. Meinte er hoch aufgeschossen? Denn Llorente ist 1,93 Meter groß.

Nicht viel besser machte es Jochen Breyer, als er nach dem Spiel Marc-André ter Stegen blitzinterviewte. Nur nachtblinde Floskelfragen, zum Glück war’s schnell vorbei. Der smarte Breyer ist sonst der Gesprächspartner für Pep Guardiola. Aber der Bayern-Trainer hatte sich ja bereits für den Urlaub qualifiziert.

Das Champions-League-Finale sahen im Durchschnitt 9,72 Millionen Zuschauer (Marktanteil 36,6 Prozent). Im Vorjahr hatten 7,44 Millionen das Stadtduell zwischen Real und Atletico Madrid gesehen. Als Bayern in dieser Saison gegen Barcelona ausschied, schauten im Rückspiel 12,56 Millionen Zuschauer zu (Marktanteil 40,6 Prozent), im Hinspiel waren es 13,46 Millionen Menschen.

Einen Réthy-artigen Schnitzer leistete sich das Heute-Journal in der Halbzeitpause. Im Nachruf auf Winnetou-Darsteller Pierre Brice hieß es, der Franzose sei 1962 geboren worden und habe dann im Zweiten Weltkrieg gekämpft... (ryb)