Die ARD zeigt den ersten Franken-„Tatort“: „Der Himmel ist ein Platz auf Erden“. Regie führte der in Hamburg lebende Max Färberböck.

Lange hatten sie warten müssen, die Franken, auf ihren eigenen „Tatort“. Eigentlich wäre die korrekte Aussprache „Dadord“, denn das stolze Volk im Bocksbeutel-Land macht gern mal aus dem stimmlosen einen stimmhaften alveolaren Plosiv – so nennen die Linguisten das T und das D. Am Sonntag ermitteln Dagmar Manzel als Kommissarin Ringelhahn und Fabian Hinrichs als Kommissar Voss in Nürnberg in ihrem ersten Fall „Der Himmel ist ein Platz auf Erden“. Vorher gab es Unruhe. Regie führte in diesem Film ausgerechnet ein Oberbayer, der auch noch in Hamburg wohnt: Max Färberböck.

In Nürnberg war Max Färberböck vor diesem Film zuletzt als Jugendlicher

Paula Ringhals, eine Frau aus dem Osten, bekommt einen neuen Kollegen aus dem Norden, um im Süden zu ermitteln. Felix Voss wird direkt in einen Mordfall hineingezogen. Beide Ermittler, die Mutter und Sohn sein könnten, sind sich durchaus sympathisch. Professor Ranstedt ist in seinem Auto getötet worden, beim Sex mit einer Frau, die nicht seine Ehefrau war. Warum, bleibt natürlich zunächst rätselhaft. Der Mann war beruflich in der Raketenforschung für das Pentagon in hoch geheimen Projekten tätig. Oder hat sein Tod doch etwas mit dem Privatleben zu tun? Ranstedts Witwe (Jenny Schily) ist am Boden zerstört. Die hilfreiche Nachbarin Charlotte (Ulrike Tscharre) scheint etwas mit der Geschichte zu tun zu haben.

Auf dem Fahrrad kommt der 64 Jahre alte Regisseur und Drehbuchautor zum Treffen angeflitzt. Er schreibt gerade ein neues Drehbuch für einen neuen „Tatort“. Etwa Franken 2.0? „Nein, es ist ein Jubiläumsfall für die Münchner“, stellt er klar. In Nürnberg war Färberböck vor diesem Krimi zuletzt als Jugendlicher. Drei Tage ist er vor den Dreharbeiten dorthin gefahren, „um die Stadt zu erspüren“. Gefunden hat er eine spannende City, viele Widersprüche und eine große Vergangenheit. Die kommt in diesem Film immer mal wieder durch. So poltert der Polizeipräsident mit Blick auf das von ihm offenbar verhasste München: „Hier waren die Kaiser, da haben die sich da unten noch mit Knödeln beworfen.“ Den Satz hat der Regisseur beim Casting von einem der Schauspieler gehört und gleich adoptiert.

In einer anderen Szene fahren die Kommissare an großen, leer stehenden Gebäuden vorbei. „Quelle, Adler, AEG“ Ringelhahn erklärt ihrem Kollegen die wirtschaftlichen Probleme der Stadt. Lokalkolorit ist gewollt und wird in nicht zu folkloristischem Maß angeboten. Die Kommissare sind zwar Export-Ermittler aus anderen bundesdeutschen Regionen. Aber das authentisch Fränkische darf natürlich nicht fehlen. In Erscheinung tritt es beispielsweise in Form des Kabarettisten Matthias Egersdörfer, der den Leiter der Spurensicherung mit trockenem Humor spielt. So kommentiert er auch im „Making of“ seinen Auftritt: „Es ist eine relativ große Freude, dass ich den Schulz spielen darf.“ Da wollten auch die Ausstatter nicht zurückstehen und haben in einer der Wohnungen gleich noch Reproduktionen von Dürer-Stichen an die Wand gehängt. Da wird es dann doch etwas zu viel.

Als Färberböck nach Nürnberg kam, hatte er ein Schlüsselerlebnis. An einer Straßenkreuzung mit einer Oberleitung fällt ihm ein altes Haus ins Auge, in dem sich ein Waffengeschäft befand. „Hier könnte eine Geschichte beginnen“, wusste er sofort. Seine Kommissare hatte er auch schnell gefunden. Fabian Hinrichs kannte er als Theaterschauspieler aus Inszenierungen von René Pollesch. Mit Dagmar Manzel hatte er in den 90er-Jahren schon einmal in Hamburg eine Komödie gedreht. „Sie kann gut mit meinen Dialogen umgehen und entwickelt immer leicht anarchistische Züge“, sagt er. Wichtig findet er, dass sich in seinem Film die Figuren von Erwartungen befreien können. „Ich kann es nicht leiden, wenn Figuren in einem Genre-Korsett stecken“, sagt er.

Das Drehbuch hat er mit der Hamburgerin Catharina Schuchmann geschrieben, die er als Schauspielerin für seinen Film „September“ entdeckte. Dies ist bereits ihre vierte Drehbuch-Zusammenarbeit: „Sie ist die Intelligenz, ich bin der wirre Rest“, ulkt er, wobei er es nicht so gern mag, für den Plot einer Geschichte einen logisch stimmigen Rahmen zu suchen. „Ich mag eher das intuitive, emotionale Schreiben. Wenn es um die Konstruktion geht, sind es extrem wichtige, aber auch höllische Tage für mich. Mit Catharina gehe ich immer wieder die Geschichte durch, ansonsten bin ich bin eher im Keller bei den bösen Jungs.“

Und die braucht man für einen Krimi. 25 Drehbücher hat Färberböck bisher geschrieben, den „Tatort“ und „Bella Block“ inszeniert. Sein Film „Aimée & Jaguar“ war ein großer Kinoerfolg. Songs spielen in seinen Filmen immer eine wichtige Rolle. Hier suchte er auf Spotify nach Rufus Wainwright, landete aber bei seiner Schwester Martha. Ihr melancholischer Song „Dans le silence“ drückt dem Film jetzt musikalisch den Stempel auf.

„Ich wurde bei Dreharbeiten noch nie so generös empfangen wie in Nürnberg“, sagt Färberböck. Aber wahrscheinlich nicht nur deshalb hält er den Franken-„Tatort“ für „durchaus entwicklungsfähig“.

„Tatort: Der Himmel ist ein Platz auf Erden“
So, 20.15 Uhr, ARD