Laut RTL ist sie „die Mutter aller Castingshows“. Problem: Zuletzt ging „Deutschland sucht den Superstar“ etwas die Puste aus. Für die neue Staffel hat der Sender gehörig am Konzept geschraubt.

Köln. Wenn ein Schlagersänger mit Bierzeltkrachern à la „Blau blüht der Enzian“ im Repertoire einen Ort wie Ischgl besucht, sind bestimmte Bilder eigentlich vorprogrammiert: überschwappende Tassen Jagertee, wippende Bierbänke, Tanzende in Schneehosen. Wenn Heino demnächst in den österreichischen Skiort reist, hat er allerdings eine andere Mission, als eine Après-Ski-Party auf Touren zu bringen. Diesmal soll etwas anderes wieder in Fahrt kommen: der Casting-Tanker „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS). Der 76-Jährige ist Teil der Erneuerungskur, die RTL seinem einstigen Quoten-Primus verpasst hat – ebenso wie der Auftritt im Schnee.

DSDS geht an diesem Mittwoch (20.15 Uhr) auf RTL in die zwölfte Staffel. Es wird das alles wieder geben: Ein Vorsingen vor der Jury, in der neben Heino und dem ewigen Dieter Bohlen diesmal DJ Antoine („Welcome To St. Tropez“) und Sängerin Mandy Capristo sitzen. Einen „Recall“ im Ausland. Einen Plattenvertrag für den Sieger. Und doch hat RTL vielleicht so viel an der Show verändert wie noch nie zuvor.

DSDS: Abschied von den Live-Shows

Vor allem der Abschied von den großen Live-Sendungen aus dem imposanten Kölner Studio fällt auf. Stattdessen werden die besten zehn Kandidaten „on Tour“ geschickt, unter anderem zum Auftritt vor den Skitouristen in Ischgl. Nur drei dieser Tour-Shows soll es vor dem Finale geben. RTL strahlt sie als Aufzeichnungen aus.

Als DSDS 2002 erstmals über die Bildschirme flimmerte, war es das ganz große Ding – „die Mutter aller Castingshows“, wie sie RTL heute nennt. Das Finale schalteten laut Sender bis zu 15 Millionen Zuschauer ein. Bei der vergangenen Staffel waren es im Schnitt gut vier Millionen pro Folge. Das ist immer noch ein ordentlicher Wert, aber eben deutlich weniger als zur Casting-Boomzeit. Ein großes Gesprächsthema jenseits des RTL-Kosmos war DSDS lange nicht mehr.

Der Sender hatte daher bereits vor dem Finale der vergangenen Staffel – die eine gewisse Aneta Sablik gewann – angekündigt, DSDS überarbeiten zu wollen. „Wir sehen, dass die vorproduzierten Casting-Folgen besser abschneiden als die Live-Shows“, bemerkte damals RTL-Geschäftsführer Frank Hoffmann in der Fachzeitschrift „Werben & Verkaufen“. Dementsprechend haben sich nun die Schwerpunkte verschoben.

RTL ist allerdings nicht der einzige Sender, der nach Aufputschern gegen die gefühlte Casting-Müdigkeit der Deutschen sucht. Einzig „The Voice of Germany“ konnte sich in den vergangenen Jahren wirklich etablieren. Vor allem vermeintlich innovative Formate mit App-Unterstützung waren Flops. Auf ProSieben entpuppte sich „Keep Your Light Shining“ als Reinfall. RTL verkürzte seine einstige Hoffnung „Rising Star“ von zehn auf sieben Ausgaben.

Weitere Pläne für ein neues Casting-Format hat RTL nach eigenen Angaben nicht mehr in der Schublade. Mit DSDS und „Das Supertalent“ erreiche der Sender an mehr als 30 Abenden im Jahr Marktanteile von mehr als 20 Prozent, rechnet Unterhaltungschef Tom Sänger vor und meint damit die von RTL anvisierte Zielgruppe der 14- bis 59-jährigen Zuschauer. „Bei dieser Flughöhe nach nunmehr zwölf Jahren gibt es momentan keinen Anlass für die Etablierung eines neuen, weiteren Casting-Formats.“