Für zwei Milliarden Dollar kauft Facebook die Start-up-Firma Oculus VR: Die hat eine revolutionäre Brille für Computerspiele entwickelt. Facebook-Gründer Zuckerberg dürfte aus mehreren Gründen Interesse haben
Hamburg Wenn Mark Zuckerberg shoppen geht, hält er sich nicht mit Kleinkram auf: Für zwei Milliarden Dollar kaufte er jetzt das US-Start-up Oculus Rift. Und auch, wenn sich diese Summe im Vergleich zu den 19 Milliarden, die er vor wenigen Wochen für den Kurznachrichtendienst WhatsApp auf den Tisch gelegt hat, fast günstig ausnimmt, ist das Geschäft mit Oculus der wichtigere Deal.
Technisch gesehen ist WhatsaApp in die Gegenwart und die nahe Zukunft gerichtet. Facebook sicherte sich einen weiteren Kommunikationskanal. Die Virtual-Reality-Brille Oculus Rift aber ist ein Gerät der Zukunft, das mit der Darstellung der Grafiken direkt vor dem Auge ein völlig neues Gefühl der digitalen Realität erzeugt. Virtuelle Realitäten kamen zwar bereits in den 90er-Jahren zum ersten Mal auf. Doch im Vergleich zu der Oculus-Brille nehmen sich diese aus wie Taschenrechner. Auf allen Messen, auf denen sie bislang vorgestellt wurde, löste die Brille geradezu elegische Kritiken aus: So ein realistisch wirkendes Eintauchen in virtuelle Welten war bislang unbekannt. Oculus wird zunächst eine der wichtigsten Medienbranchen verändern: die der Computerspiele. Allein in Deutschland wurden 2013 nach Angaben des Branchenverbands BIU 1,82 Milliarden Euro für Spiele ausgegeben, mehr als die Hälfte aller regelmäßigen Zocker sind keine Teenies, sondern über 30 Jahre alt.
Was genau der Verkauf für das Unternehmen bedeuten wird, darüber sprechen die Gründer abseits von Lobpreisungen für Facebook nicht. In einem Interview mit dem Technikportal „The Verge“ sagten Gründer Palmer Luckey und CEO Brendan Iribe, dass sich durch den Kapitalfluss (400 Millionen Dollar sollen in bar an Oculus VR gehen) in erster Linie die Geschwindigkeit erhöhen würde, mit der sie ihr Produkt weiterentwickeln könnten.
Eine mögliche Plattform, die Facebook mit einer 3-D-Realität verbindet, wollten die Jungunternehmer hingegen nicht kommentieren. Es steht aber zu erwarten, dass Mark Zuckerberg Oculus VR nicht aus reiner Freude am technischen Fortschritt gekauft hat: Eine Weiterentwicklung – oder auch eine Diversifizierung – seines Netzwerkes in Richtung einer künstlichen Realität, in der die Nutzer nicht mehr nur auf der Ebene von Statusmeldungen, Fotos und Videos, sondern als 3-D-Modelle miteinander in Kontakt treten, würde Zuckerberg einen massiven Wettbewerbsvorteil verschaffen. Ein Investor vergleicht den Einkauf mit dem Erwerb des mobilen Betriebssystems Android durch Google vor neun Jahren: „Facebook glaubt daran, dass Virtual Reality die nächste große Plattform sein wird, so wie sich auch das mobile Computing entwickelt hat.“ 2005 waren Smartphones noch ein Nischenprodukt, heute besitzen allein 37,4 Millionen Deutsche eines. Ähnlich äußerte sich Zuckerberg selbst: „Oculus hat die Chance, die sozialste Plattform überhaupt zu werden und unsere Art zu arbeiten, zu spielen und zu kommunizieren zu verändern.“
Der Gekaufte muss währenddessen Kritik einstecken: Das 2012 mit fast 2,5Millionen Dollar über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter angeschobene Projekt galt bislang auch als Innovationsmotor für kleine Spieleentwickler. Durch den Einfluss von Facebook sehen diese nun die Unabhängigkeit von Oculus VR gefährdet. Markus Persson, der Entwickler des Indie-Spiels Minecraft, in dem der Spieler seine eigene Welt aus bunten Klötzen baut und das sich bislang mehr als 35Millionen Mal verkauft hat, hat seine Ankündigung, eine Minecraft-Version für die VR-Brille zu entwickeln, aufgrund der Übernahme bereits zurückgezogen: „Ich werde nicht mit Facebook zusammenarbeiten. Seine Motive sind zu unklar und verändern sich ständig.“