Für ihre Morgensendung bei Radio Hamburg erhielten John Ment und seine Kollegen den Deutschen Radiopreis. Ein Gespräch über No-Gos im Radio, „Wetten, dass...“ und pubertären Humor .
Hamburg. Menschen, die beim Radio arbeiten, haben einen großen Vorteil. Sie können anziehen, was sie wollen. So empfängt John Ment das Abendblatt im Studio von Radio Hamburg in seiner Lieblingskleidung: Sportkleidung von Adidas. Er trainiert in seiner Freizeit eine Jugend-Fußballmannschaft, musste aber in diesem Jahr wegen eines Bandscheibenvorfalls pausieren.
Abendblatt: Es heißt, alles was leicht wirkt, ist hart erarbeitet. Inwieweit gilt das für ihre Morning-Show?
John Ment: Es ist nur dann hart, wenn ich das morgendliche Quiz gegen einen Hörer verliere. Ansonsten ist es sehr entspannt, weil der Humor sich so gewandelt hat, dass wir nicht mehr viel vorbereiten müssen. Wir reden in der Sendung miteinander und vieles entsteht dann im Gespräch. Intuitiv. Der Hörer merkt sofort, wenn ein Gag vorgebaut wird und auf einen platten Lacher aus ist. Die Zeiten des Witzeerzählens sind einfach vorbei.
Inwiefern hat sich der Humor denn gewandelt?
Ment: Ich kann heute sagen nach einer Bambi-Verleihung ‘Ich mag Bambi nicht – weder im Fernsehen noch auf meiner Windschutzscheibe’. Das ist böse, aber heute geht so ein Humor. Wenn wir dabei sympathisch bleiben.
Was nicht gut ankommt, sind Beleidigungen im Team untereinander. Der Hörer hat bei allem Humorverständnis auch ein großes Harmoniebedürfnis. Wenn ich zu meinem Kollegen Horst sage ‘Ey, du alte Hundelunge‘, finden das viele nicht lustig.
Ironie wird also nicht verstanden?
Ment: Im Radio fast nie. Da muss man wirklich aufpassen.
Was sind weitere No-Gos?
Ment: Witze über Körperflüssigkeiten. Auch Pups-Geräusche und ähnliches vermeiden wir. Ein bisschen böse ja, aber nie eklig. Und Fußball, das ist ein ernstes Thema.
Sie sind bekennender HSV-Fan...
Ment: Leider.
Was hilft da?
Ment: Man muss auch über die Abwehr lachen können. Sonst wird es schwer.
Können Sie über Promi-Duelle lachen, wie kürzlich zwischen Oliver Pocher und Boris Becker?
Ment: Finde ich ganz peinlich, weil es so sehr auf Quote und auf Geldgewinn abzielte. Und weil Boris Becker da wirklich vorgeführt wurde. Er war ein Aushängeschild für Deutschland und demontiert sich gerade selbst. Und das Fernsehen hilft ihm dabei. Als Zuschauer fühle ich mich da unwohl und muss wegschalten.
Können Sie nachvollziehen, dass amerikanische Künstler den Humor von „Wetten, dass...?“ nicht komisch finden? Tom Hanks im Hasenkostüm...
Ment: Wäre Tom Hanks bei uns zu Gast gewesen, hätten wir ausgeschlossen, dass er im Hasenkostüm erscheint. Weil wir unsere Gäste nicht vorführen wollen. Tom Hanks hatte gar keine Wahl. Sonst hätte er vor ganz Deutschland als Spielverderber dagestanden. Auch die Eiswürfel-Nummer mit Gerard Butler war unangenehm. Nicht mal lustig. Spaß ist gut, aber man sollte die Gäste ernst nehmen. Mir tut es ein bisschen leid für Markus Lanz, der ja auch hier bei Radio Hamburg gelernt hat.
Manchmal habe ich den Eindruck, er wird in Sachen gelotst, die er selber nicht gemacht hätte. Er ist nämlich an sich ein wirklich lustiger Typ.
Wie nimmt man denn Gäste ernst und ist trotzdem unterhaltsam damit?
Ment: Es ist immer gut zu wissen, was Gäste gerne haben, auch privat, und wobei sie sich am wohlsten fühlen. Dann gehen auch Spiele. Als Wladimir Klitschko bei uns im Studio war, war gerade Dom. Er hat uns verraten, dass er den Dom liebt und dann haben wir im Studio Pfeilwerfen gespielt mit Luftballons! Er als Wladimir Klitschko – ich als Dart Vader. Er hat locker gewonnen…“
Wen finden Sie denn komisch?
Ment: Dieter Nuhr. Kurz, trocken und gnadenlos intelligent. Ich liebe alles, wo mit deutscher Sprache intelligent gearbeitet wird. Deshalb ist mein Lieblingsfilm „Willkommen bei den Stieß“. Bei „Fuck ju Goethe“ ist das auch der Fall. Den habe ich gerade mit meinem 12-Jährigen Sohn Liam gesehen.
Inwieweit geht denn das Humorverständnis von Vater und Sohn auseinander?
Ment: Mein Sohn hat gerade einen sehr pubertären Humor. Er und seine Freunde können sich tot lachen über das Wort „schurzen“.
Was ist denn das?
Ment: Nicht blatttauglich eigentlich. Das ist eine Mischung aus furzen und es kommt ein wenig Land mit....
Es gibt Menschen, die schützen sich mit Humor oder Zynik. Harald Schmidt sagt man das nach. Ist das bei ihnen auch so?
Ment: Ich würde sagen nein. Ich versuche schon, auch schwierige Situationen im Leben mit Humor zu nehmen. Aber ich verstelle mich nicht. Früher habe ich mal gedacht, ich müsste immer lustig sein. Heute nicht mehr.
Und wenn Sie traurig sind? Wie kaschieren Sie das, man kann doch nicht immer gut drauf sein...
Ment:
Stimmt. Ich bin zum Beispiel ein ganz schlechter Verlierer. Und natürlich habe ich auch mal schlechte Laune. Dann hilft es mir, auf die Website von meiner Fußball-Truppe zu gehen. Die Poppenbüttler Füchse, wo auch mein Sohn mitspielt. Das erdet mich und hebt meine Stimmung sofort.
Wen würden Sie gerne mal zum Lachen bringen?
Ment: Auch wenn es komisch klingt. Meine Mutter bringe ich gerne zum Lachen. Die lebt seit dem Tod meines Vaters vor elf Jahren allein. Und wenn ich die zum Lachen bringe – meist mit kleinen Geschichten über Liam – dann weiß ich, ich habe was ganz Gutes bewirkt. Weil es ihr gut tut, zu lachen. Lachen ist toll. Vor allem, wenn man es nicht kontrollieren kann.