Vor den Dreharbeiten zum nächsten Hamburger „Tatort“ spricht der Darsteller von Kommissar Nick Tschiller über Rekordquoten, seine Biografie und die Bodenhaftung der Töchter Luna und Emma.
Hamburg. Als Schauspieler steht Til Schweiger schon fast sein halbes Leben lang im Scheinwerferlicht, als Filmemacher feiert er Zuschauererfolge. Eine Biografie widmet sich nun dem Mann vor und hinter der Kamera. Für den 49-Jährigen selbst geht es bald als Nick Tschiller im „Tatort“ weiter - nur zu gerne hätte er Stefan Raab dabei, wie er im Interview erzählt.
Frage: Im Buch vergleicht eine Ihrer Ex-Freundinnen Sie mit einem Fahrrad, das umfällt, wenn es nicht bewegt wird. Können Sie wirklich nicht nichts tun?
Schweiger: Ich kann das Nichtstun sogar richtig genießen. Das habe ich doch in diesem Jahr bewiesen, da habe ich – bis auf vier Tage Werbedreh und die Sprachaufnahmen für den Animationsfilm „Keinohrhase und Zweiohrküken“ – überhaupt noch nicht gearbeitet.
Sie gelten als Workaholic. Nicht zu drehen, fällt Ihnen nicht schwer?
Schweiger: Nein, ich genieße das wirklich. Es ist nur so: Wenn man als Regisseur zwei Filme im Jahr macht, in einem „Tatort“ und zwischendurch noch in einem amerikanischen Film mitspielt, dann sehen die Leute das und es heißt: Der ist ein Workaholic. Wenn ich nichts tue, rufe ich ja nicht bei den Medien an und sage: „Huhu, ich wollte nur mal sagen, dass ich nichts tue.“ Was ich mache, macht mir Spaß. Ich liege aber auch gern mal den ganzen Tag auf der Couch.
Die Dreharbeiten zu Ihrem zweiten „Tatort“ beginnen bald. Verraten Sie etwas über den nächsten Einsatz für Nick Tschiller?
Schweiger: Die Geschichte geht weiter, wir knüpfen genau da an, wo der erste Film aufgehört hat. Alle vier Folgen, die bislang geplant sind, werden insgesamt einen Bogen haben. Das Team bleibt vor und hinter der Kamera gleich, Ralph Herforth wird dieses Mal noch dabei sein. 2014 wollen wir dann aber zwei Folgen am Stück drehen, die als Doppelfolge laufen sollen.
Anknüpfen an die Einschaltquote Ihrer Premiere hieße, mindestens wieder 12,57 Millionen Zuschauer zu erreichen...
Schweiger: Die 17,6 Millionen vom TV-Duell (Merkel/Steinbrück) hätte ich auch gerne beim nächsten Mal. Dann müsste aber Stefan Raab mitspielen! Ich meine, der „Tatort“ aus Münster hat uns überholt, und die hatten Roland Kaiser dabei... Raab finde ich einfach klasse und einzigartig. Außer Thomas Gottschalk gibt es keinen im deutschen Fernsehen, der so schlagfertig ist. Ich habe den größten Respekt vor ihm.
Und haben Sie ihm schon eine Rolle angeboten?
Schweiger: Ich habe ihn schon zweimal gefragt, ob er als er selbst in meinen Filmen auftreten würde. Leider hat er keinerlei Ambitionen in diese Richtung und hält es mit der Redensart: „Schuster, bleib bei deinen Leisten.“ Als Schauspieler hält er sich für völlig ungeeignet und hat die Angebote jeweils dankend abgelehnt.
Kurz nach Ihrer Rekordquote hat das „Tatort“-Duo Axel Prahl und Jan Josef Liefers sie noch übertroffen. Hat Sie das geärgert?
Schweiger: Ich bin mit Jan Josef befreundet und ich mag auch Axel total gerne, beide sind herausragende Schauspieler. Vielleicht gibt es Kollegen, die neidisch sind, aber zu denen gehören weder ich noch Jan Josef oder Axel, und Wotan erst recht nicht. Nach unserer Quote habe ich Jan Josef geschrieben: „Es ist ein neuer Sheriff in der Stadt“ – nach seiner Quote hat er zurückgefeixt. Das Interesse an uns hat sicher auch denen geholfen, vielleicht haben sich einige Zuschauer gesagt: Jetzt müssen wir was gegen den Schweiger machen.
Wie auch der Titel des Buches sagt: „Der Mann, der bewegt“...
Schweiger: Ich mag den Titel. Nicht nur wegen der Anspielung auf den Film „Der bewegte Mann“, sondern weil ich ja wirklich etwas bewege. In der deutschen Filmlandschaft habe ich viel bewegt – nicht nur für mich, sondern auch für andere. Und ich bewege Menschen, indem ich schon lange polarisiere: die einen mögen mich, die anderen können mich auf den Tod nicht ausstehen.
Hätten Sie als Schauspieler in der „Lindenstraße“ vor 20 Jahren gedacht, mal zu den erfolgreichsten Filmemachern zu gehören?
Schweiger: Klares Nein. Ich habe aber auch nie so geplant nach dem Motto: Ich will später mal ein berühmter Filmproduzent werden oder ich will in Hollywood eine Hauptrolle spielen. Sondern ich habe immer nur gehofft, dass ich von meinem Beruf leben kann. Deswegen war ich auch so glücklich über das Engagement in der „Lindenstraße“: nicht weil das künstlerisch das Ende meiner Träume war, sondern weil ich endlich mit meinem Beruf meine Miete bezahlen konnte.
2004 sind Sie von Los Angeles wieder nach Deutschland gezogen und landeten seither hierzulande mehrere Kinohits. Rückkehr nach Hollywood ausgeschlossen?
Schweiger: Absolut! Dort wird es doch auch immer schwieriger, gute Filme zu machen. Die Studios stecken gigantische Summen in Sequels von Filmen wie „The Fast And The Furious“, gute Dramen werden kaum noch gemacht. Viele gute Autoren und auch Schauspieler gehen dort zum Fernsehen, weil sie da qualitativ hochwertige Sachen machen können, die im Kino immer seltener werden. Außerdem hätte ich dort nie die Freiheiten, die ich hier bei meinen eigenen Filmen habe.
Zwei Ihrer vier Kinder stehen selbst gern vor der Kamera. Wie sorgen Sie dafür, dass die beiden nicht abheben?
Schweiger: Ich habe zwei Kinder, die gerne spielen, die anderen beiden legen Wert darauf, nicht in der Öffentlichkeit zu stehen. Doch weder bei Luna noch bei Emma besteht die Gefahr, abzuheben. Die spielen einfach in dem Film mit, gehen auf die Premieren und dann wieder in die Schule. Sie kommen aus einem geerdeten Haushalt, ihre Mutter ist bodenständig, ich bin bodenständig. Ich habe das nie vorgelebt, etwas Besonderes zu sein, weil ich Filme mache.
Die Trennung von Ihrer Frau Dana im Jahr 2005 ging ohne Schlammschlacht in den Medien über die Bühne. Was denken Sie, wenn Sie die Schlagzeilen um die Van der Vaarts derzeit sehen?
Schweiger: Dass ich heilfroh bin, dass das bei uns anders war. Bei solchen Schlammschlachten in den Medien gibt es nur Verlierer. Der einzige Gewinner ist die Presse: He said, she said... – und so geht das dann hin und her. Das ist für keinen gut, sondern nur dämlich. Und besonders leid tun mir in solchen Fällen die Kinder.