Vor dem Start der gemeinsamen Show „Die 2“ auf RTL sprechen die Moderatoren Günther Jauch und Thomas Gottschalk über Rollenverteilung, „Wetten, dass..?“ und Barbara Schöneberger.
Berlin. Günther Jauch und Thomas Gottschalk – ein unschlagbares Duo? Auch wenn der Beweis auf dem Bildschirm am Montag mit der neuen RTL-Show „Die 2 - Gottschalk & Jauch gegen Alle“ an diesem Montag (20.15 Uhr) noch erbracht werden muss, waren die beiden im Gespräch mit Journalisten in Berlin verbal schon einmal in glänzender Form.
Frage: Was bezweckt die Show „Die 2“?
Günther Jauch: Wir dürfen ja nichts erfahren. Das Einzige, was wir wissen, ist die Grundidee, dass wir beide gegen 500 Menschen im Saal und gegen den Rest der Republik, der per SMS und im Netz mitmacht, in einem Duell antreten, das eine Mischung aus Wissens-, Schätzaufgaben sowie Aktionen darstellt.
Ein möglicher Erfolg würde an meinem Leben nichts ändern, ein möglicher Misserfolg auch nichts. Das heißt nicht, dass wir da wurschtig rangehen, es hat aber nicht diese Alles-oder-Nichts-Bedeutung. Wenn es etwas wird? Dann nehme ich mir am Montag meinen eigenen „Wer wird Millionär?“-Sendeplatz weg. Ob wir da überziehen werden? Da bleiben mit Thomas und Moderatorin Barbara Schöneberger gleich zwei Restrisiken!
Thomas Gottschalk: Für mich ist es wichtig, dass das keine intellektuelle Leistungsshow wird. Nichts hassen die Zuschauer mehr als eitle Klugscheißer, die zeigen wollen, was für Überflieger sie sind. Das Interesse, zwei leuchtenden Geistesgrößen beim Strahlen zuzusehen, ist begrenzt. Oder auch anderthalb...
Das ist eine Unterhaltungssendung und unser Scheitern kann im Einzelfall lustiger sein als das Gewinnen. Wir sind beide an einer Position angelangt – ich noch mehr als Günther -, wo keiner mehr sich und anderen was beweisen muss. Ich protze gerne mit meinem humanistischen Wissen, aber dass Aeneas seinen greisen Vater Anchises auf den Schultern aus dem brennenden Troja getragen hat, interessiert niemanden mehr und Söhne machen so was heute auch nur noch sehr selten.
Zwei Alphatiere Seite an Seite – Wie ist die Rollenverteilung?
Gottschalk: Günther ist der Schlaue und ich bin der Hübsche. Wir kennen uns lange genug, um reflexhaft zu erkennen, wann der andere dran ist und dass sich keiner von uns in den Vordergrund spielen muss, wenn es nicht der Veranstaltung dient. Das Abgeklärte oder in meinem Fall das Abgehangene ist ein Vorteil für entspanntes Fernsehen.
Jauch: Ich hoffe, dass sich unsere Kompetenzen ergänzen. [...] Aber möglicherweise sind die reinen Wissensgeschichten nur ein Teil der Sendung.
Schon wieder eine „Challenge Show“ – Brauchen wir die?
Gottschalk: Brauchen wir das x-te Fußballspiel und den tausendsten Krimi? Auch immer das gleiche Prinzip: Männer laufen einem Ball hinterher und Polizisten einem Mörder. Aber es geht immer anders aus und wenn es gut läuft, schauen die Leute zu.
Und was wird nun Neues bei der Show rauskommen?
Gottschalk: Ich habe in meiner gesamten Fernsehkarriere nichts Neues erfunden und werde jetzt nicht damit anfangen. Aber ich habe bewiesen, dass ich Menschen unterhalten kann und bin der festen Überzeugung, dass ich das nicht verlernt habe. Ich könnte auch in Malibu sitzen und bittere Kommentare über den Niedergang der Fernsehunterhaltung schreiben. Aber ich bin weder ermüdet noch suizidgefährdet, weil man mich nicht mehr vor eine Kamera lässt. Ich komme auch nicht aus einer tiefen Depression und habe meinen guten Freund Günther nicht angefleht, mich wie Sankt Christophorus huckepack zu nehmen, damit das Christkind noch einmal strahlend den tiefen Fluss überqueren kann. Natürlich hat sich einiges geändert, aber das war immer so.
Ich habe mein Idol Hans-Joachim Kulenkampff kurz vor seinem Tod in Österreich besucht. Da saß der Mann in einem relativ finsteren Haus am Attersee und hat, so wie ich heute, gewisse Entwicklungen im Fernsehen beklagt. Dem ist das aber völlig weggerutscht, mir nur ansatzweise. Er hat über die ungerechte Medienkritik geklagt, aber inzwischen darf ja jeder. Mich faszinieren diese Blogger, die nachts um zwei, schlaflos in ihrem bekleckerten T-Shirt vor dem Laptop sitzen und sich anonym ausrotzen. Für die bin ich der alte Sack, der nicht merkt, dass er es hinter sich hat und von den Sendern mit Millionen zugeschüttet wird. Aber ich bin weder verschüttet noch vertrottelt.
Jauch: Bei der Show „5 gegen Jauch“ habe ich einmal von 15 Fragen 2 richtig beantwortet und bin zutiefst deprimiert rausgegangen, ich habe auch einige Sendungen gewonnen. Der Zuschauer ist nicht begeistert oder enttäuscht, wenn ich gewinne oder verliere. Der hat kein Mitleid mit mir. Er hat Spaß dran, wie ich gewinne und wie ich verliere und mit sich selbst kann er es abgleichen.
Wir hatten Lust, mal wieder etwas gemeinsam zu machen. Natürlich hätten wir aus „5 gegen Jauch“ auch „10 gegen uns beide“ machen können. Aber die Idee, dass ganz Deutschland gegen uns antritt, ist doch schon besonders reizvoll.
Wir kennen uns lange, wir waren in vielen Sendungen zusammen, wir haben eine Reihe von Doppelmoderationen durchlebt, erlitten. Aber wenn es sich im Marianne-und-Michael-Bereich abspielt – einer fängt einen Satz an, der andere beendet ihn – wird das nichts. Schon dadurch, dass ich mir nichts merken kann.
Ist nach den gescheiterten Versuchen – die Vorabendshow in der ARD und „Das Supertalent“ auf RTL – für Sie, Herr Gottschalk, die Show „Die 2“ die letzte Ausfahrt in Richtung TV?
Gottschalk: „Letzte Ausfahrt Malibu“ ist eine schöne Zeile, die würde ich mir nicht entgehen lassen. Ich habe meiner Frau zu bedenken gegeben: Wollen wir unser mattes Haupt am Rhein betten und alle, die vorbeisegeln, rufen „Haribo“? Oder wollen wir unerkannt durch Malibu schlurfen und die Leute rätseln: Ist das ein alternder Porno-Produzent oder ein deutscher Intellektueller im Exil? Sie hat gesagt: Wir machen Malibu.Ob man mir irgendwann nachlästert oder nachweint, kann mir wurscht sein. Solange ich aber noch diese Spielfreude in mir spüre und RTL daran glaubt, mit mir noch etwas reißen zu können, gibt es für mich keinen Grund, mich auswechseln zu lassen. Und bevor mich das Publikum 'rauspfeift, werde ich selber merken, dass es soweit ist.“
Ist „Wetten, dass..?“ nun ganz passé – auch wenn das ZDF wieder ruft?
Gottschalk: Ich habe nicht alles richtig gemacht, aber auch nichts falsch. Das Ende von „Wetten, dass..?“ kam zum richtigen Zeitpunkt und ich habe im richtigen Moment gesagt: Das war's. Ich hätte das Ding zu Ende verwalten können, aber wäre heute auch nicht viel weiter als der Kollege Lanz. Gewisse Dinge haben sich erledigt, und das muss man ohne Groll zur Kenntnis nehmen: Vor 30 Jahren saßen Lilly Palmer und Curd Jürgens auf dem Show-Sofa, und jeder wusste, wer das ist. Heute sitzt da Keisha – und keiner über 30 weiß warum. Wenn Sophia Loren reinkommt, fragen sich alle unter 40, wer die Oma reingelassen hat.
Könnten Sie ohne Fernsehen auskommen?
Jauch: Thomas ist viel exponierter als ich, geht viel häufiger raus und muss ein weißes Blatt beschreiben. Da tu ich mich seit vielen Jahren leichter. Was Kritiken angeht: Für „Stern TV“ wurde ich mal ein Jahr wöchentlich verdroschen. Danach stiegen die Quoten etwa zwei Jahrzehnte lang fast nur nach oben und alle Kritiker hatten sich ausgetobt. Die Zuschauer wollten uns sehen – die Profis haben uns übersehen. Ein schöner Zustand: Mir ist der Zuspruch des Publikums einfach wichtiger als die Kritiken – egal ob Hymne oder Verriss.
Was halten Sie von Gottschalks Entscheidung, sofort nach „Wetten, dass..?“ weiterzumachen?
Jauch: Wir haben darüber geredet – ich immer etwas defensiver eingestellt. Ich sehe ihn als Gesamtkunstwerk, ich hätte gesagt: Du machst zwei Jahre nichts. Nicht weil ich es besser wusste, sondern weil ich glaubte, zwei Jahre weg zu sein, schadet nicht; die Begehrlichkeiten, die Nostalgie werden größer. Ich bewundere ihn für den Mut, auch zum Scheitern, und sich bewusst für die kleine Form zu entscheiden, die natürlich nie an die Bedeutung von „Wetten, dass..?“ heran reichen kann.
Wo sehen Sie „Wetten, dass..?“ heute?
Gottschalk: Kluge Ratschläge in den Medien braucht von mir niemand, aber ich habe Sommer-„Wetten, dass..?“ gesehen. Wenn man Stefan Raab als ersten Gast in einer Arena auftreten lässt, dann muss man ihn zumindest abtasten, ob er einen Duschkopf in der Hose hat.
Fürchten Sie sich, Herr Jauch, von Gottschalk in die Tiefe gerissen zu werden?
Jauch: Ich sehe das weniger pathetisch. Es gibt drei Möglichkeiten. Erstens: Die Sendung wird schön, alle freuen sich. Zweitens: Sie wird auf Anhieb nicht richtig gut, aber auch nicht grottenschlecht. Dann müssen wir halt daran arbeiten. Drittens: Um Gottes Willen, das war TV zum Abschalten, die Latte war vorher zu hoch gelegt. Letzteres würde trotzdem nicht dazu führen, dass Thomas Gottschalk sich den Canyon runterstürzt und ich mich sonst wo verstecke.
Schlechte Sendungen gab's auch bei mir. Zum Beispiel habe ich mal eine Erste-Hilfe-Show gemacht, die nicht funktionierte. Es klappt zum Glück nicht immer: Man werfe oben zwei Euro rein, und hole unten automatisch fünf Euro raus, das gibt's zum Glück im TV nicht!
Gottschalk: Jetzt ist es raus, also gestehe ich freiwillig: Ja, ich bin vom ZDF als öffentlich-rechtlicher Taliban mit dem Auftrag losgeschickt worden, Jauch in die Tiefe zu reißen. Danach stürze ich mich aber nicht in den Grand Canyon, sondern richte nach dem ARD-Vorabend auch noch den späten Sonntagabend zugrunde, den ich dann von Günther übernehme. Freunde, wir reden hier von Unterhaltung im Fernsehen. Wenn's klappt, ist es schön, wenn wir scheitern, kriegen wir Prügel, aber müssen nicht auf den Scheiterhaufen. So sind die Spielregeln und wir beide spielen das Stück ja schon eine ganze Weile.
Herr Jauch, werden Sie den Superspagat Unterhaltung-Politik-Sport angesichts der Tatsache machen, dass RTL die WM- und EM-Qualifikationsspiele zeigen wird?
Jauch: Ich bin da nicht gefragt worden und im Moment auch ziemlich gut ausgelastet.