Er folgt auf Wolfgang Büchner. Beim „Spiegel“ ist trotz einer Einigung der Machtkampf um die Personalie Nikolaus Blome noch nicht entschieden.

Hamburg/Berlin. Der Alte ist noch nicht richtig in seinem neuen Job angekommen, aber sein Nachfolger steht jetzt fest. Sven Gösmann, 47, tritt die Nachfolge von Wolfgang Büchner, 47, als Chefredakteur der Deutschen Presse-Agentur (dpa) an. Das teilte der Aufsichtsrat der dpa mit. Büchner geht als neuer Chefredakteur zum „Spiegel“ und hat dort bereits eine Führungskrise zu lösen.

Gösmann ist derzeit Chefredakteur der „Rheinischen Post“. Er soll seinen neuen Job bei der dpa zum 1. Januar 2014 antreten . Der Vorsitzende des dpa-Aufsichtsrates, Karlheinz Röthemeier, sagte: „Wir freuen uns, mit Sven Gösmann wieder einen sehr erfahrenen Journalisten für die Leitung der dpa-Redaktion gefunden zu haben. Er wird den eingeschlagenen Weg der konzeptionellen und organisatorischen Modernisierung der Redaktion fortsetzen und ein besonderes Augenmerk auf die Kundenorientierung legen. Die Herausforderungen für die Medien in Deutschland – und damit für die dpa – werden nicht geringer.“

Röthemeier sagte, Büchner habe „herausragende Arbeit“ geleistet. Der gebürtige Mündener Sven Gösmann begann seine journalistische Laufbahn bei der „Braunschweiger Zeitung“. Nach dem Studium der Politikwissenschaft in Berlin arbeitete er unter anderem für die „Berliner Morgenpost“, die „Welt“, als Landeskorrespondent der „Braunschweiger Zeitung“ und des „Weser-Kurier“ in Hannover, als Politikchef der „Welt am Sonntag“ und als für Politik und Wirtschaft zuständiger Stellvertretender Chefredakteur der „Bild“-Zeitung, ehe er 2005 als Chefredakteur zur in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ wechselte.

Derweil hat der Fall Nikolaus Blome beim „Spiegel“ für nachhaltige Turbulenzen gesorgt. „Bild“-Journalist Blome kommt nicht, wie zunächst vorgesehen, als stellvertretender Chefredakteur, sondern nur als Hauptstadtbürochef und Mitglied der Chefredaktion. In dieser Funktion wird er außerhalb des Berliner Büros keine Weisungsbefugnis haben. Die Mitarbeiter KG, die 50,5 Prozent am „Spiegel“ hält, stimmte dieser Lösung zu.

Dass der Machtkampf beim „Spiegel“ beendet ist, darauf deutet nicht viel hin. Zu tief sind die Risse, die sich in den zurückliegenden Tagen zwischen „Spiegel“-Geschäftsführung, Gesellschaftern, Ressortleitern und dem designierten Chefredakteur Wolfgang Büchner gezeigt haben. Dass etwa die „Spiegel“-Ressortleiter sich einstimmig gegen den ursprünglichen Plan Büchners aussprachen, Blome zum Vize-Chefredakteur zu ernennen, gilt bei dem Nachrichtenmagazin als einmaliger Vorgang.

Auch wenn Blome jetzt „nur“ Mitglied der Chefredaktion wird: Büchner, der am 1. September beim „Spiegel“ antritt, dürfte er es mit seinen Ressortleitern schwer haben. Er hat sich unter ihnen einen Ruf als jemand erworben, der ohne Not gegen die Blattkultur verstößt – sowohl kommunikativ als auch inhaltlich. Denn dass der aktuelle „Bild“-Vizechefredakteur Blome zum Nachrichtenmagazin passt, glauben viele nicht. Sie verweisen unter anderem auf seine scharfen, als populistisch wahrgenommenen Kommentare in „Bild“ zur Schuldenkrise in „Griechenland“.

Auch Franziska Augstein, Tochter des „Spiegel“-Gründers Rudolf Augstein und über die Erbengemeinschaft Minderheitsgesellschafterin beim Magazin, lehnt Blome weiterhin ab. In einem Deutschlandfunk-Interview sagte sie am Donnerstag, Blome stehe für einen anti-aufklärerischen Journalismus, den man „als regierungsnah zu bezeichnen hat“.

Hausintern in der Kritik steht inzwischen aber auch die Geschäftsführung der mächtigen Mitarbeiter KG. Die letztendliche Zustimmung zur Personalie Blome habe wütende Reaktionen und kritische Nachfragen der Belegschaft ausgelöst, berichten Teilnehmer der Veranstaltung vom Mittwoch dem epd. So sei die Meinung geäußert worden, die KG-Geschäftsführung habe sich erpressen lassen. Nach epd-Informationen hatte Büchner einige Tage zuvor die KG-Spitze in einer Mail aufgefordert, ihm das Vertrauen auszusprechen und seine Entscheidung für Blome zu akzeptieren.

Bei der Info-Veranstaltung seien Rücktrittsforderungen an die KG-Spitze gerichtet worden, hieß es. Irritiert habe auch, dass die Geschäftsführung der KG eingeräumt habe, bereits vor Monaten in Gesprächen mit „Spiegel“-Geschäftsführer Ove Saffe die Kompromisslösung „Mitglied der Chefredaktion“ ins Auge gefasst zu haben. Viele Redakteure verstünden vor diesem Hintergrund nicht, warum führende Mitglieder der KG nach der offiziellen Verkündung der Personalie zum Widerstand gegen Blome aufgerufen hatten. Am 16. September wird sich eine offizielle außerordentliche Versammlung der stillen Teilhaber mit diesen Fragen befassen.