Brisante Details über Interna. Der designierte Chef Wolfgang Büchner soll die Vertrauensfrage gestellt haben. Er will Nikolaus Blome von der „Bild“-Zeitung holen. Die Redaktion rebelliert.
Hamburg. Der Machtkampf beim Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ spitzt sich zu. Der designierte Chefredakteur Wolfgang Büchner, der am 1. September sein neues Amt antreten soll, hat die Vertrauensfrage gestellt: In einer Mail an die Geschäftsführung der Mitarbeiter KG, die 50,5 Prozent am Verlag hält, fordert Büchner nach Informationen des Evangelischen Pressedienstes (epd), ihm das Vertrauen auszusprechen und seine Entscheidung zu akzeptieren, den stellvertretenden „Bild“-Chefredakteur Nikolaus Blome in gleicher Funktion zum „Spiegel“ zu holen. Blome soll auch das Berliner Hauptstadtbüro leiten.
Die Personalie Blome belastet seit der Verkündung am Mittwoch das Klima beim Nachrichtenmagazin. Die in der Mitarbeiter KG organisierten stillen Teilhaber des Magazins drängten auf eine außerordentliche Versammlung, bei der das weitere Vorgehen besprochen wird. Die hierfür erforderlichen 100 Unterzeichner hätten sich binnen weniger Stunden auf einem Zettel an der Kantinentür eingetragen, hieß es. Nach den Statuten kann diese Versammlung nun frühestens in zwei Wochen stattfinden. Wegen des großen Gesprächsbedarfs in der Belegschaft hat die Geschäftsführung der KG für Mittwoch eine Info-Veranstaltung anberaumt.
Die Mitarbeiter sehen ein erhebliches Defizit an Kommunikation und Partizipation. Als Büchner die Personalie Blome in der Ressortleiterrunde verkündete, so wird berichtet, habe „Spiegel“-Reporter Dirk Kurbjuweit gefragt, ob sich dadurch die politische Linie des Blattes ändern werde. Büchner habe darauf geantwortet, er verstehe die Frage nicht. Dieser Auftritt sorgte für Ärger. Nun soll Büchner, offiziell noch bis Ende August Chefredakteur der Deutschen Presse-Agentur (dpa), in der großen „Spiegel“-Konferenz am Montag Rede und Antwort stehen.
Ob die Gesellschafter ihre Zustimmung zu der Personalie Blome hätten geben müssen, ist strittig. Mitglieder der Geschäftsführung der Mitarbeiter KG haben nach epd-Informationen in internen Gesprächen signalisiert, dass sie der Berufung Blomes auf die Position eines stellvertretenden Chefredakteurs nicht zustimmen. Auf Anfrage teilte die KG-Geschäftsführung lediglich mit, sie nehme „zu Personalangelegenheiten und anderen Interna grundsätzlich nicht Stellung“.
Neben den formalen und kommunikativen Aspekten wird auch der Journalist Blome infrage gestellt. Viele glauben, dass er nicht zum „Spiegel“ passt. Franziska Augstein, Tochter des „Spiegel“-Gründers Rudolf Augstein, erklärte: „Einen Mann von der ,Bild'-Zeitung, die die NSA-Affäre heruntergespielt hat, zum stellvertretenden Chefredakteur des ,Spiegel' zu machen, der sich in der Aufklärung ebendieser Affäre profiliert hat, halte ich für indiskutabel.“ Anders sieht es ihr Bruder, der Publizist Jakob Augstein, der Blome für einen hervorragenden Journalisten hält. Die beiden bestreiten eine Talkshow auf Phoenix.
Dritter „Spiegel“-Gesellschafter neben den Erben, die 24 Prozent am Verlag halten, und den Mitarbeitern ist der Hamburger Verlag Gruner + Jahr, der 25,5 Prozent der Anteile besitzt. Mitarbeiter KG und Gruner + Jahr könnten Büchner und den ebenfalls in der Kritik stehenden Verlagsgeschäftsführer Ove Saffe gemeinsam absetzen. Dass es dazu kommt, wird intern aber für unwahrscheinlich gehalten. Genauso wenig wird erwartet, dass die KG die Vertrauensfrage Büchners positiv beantwortet. Im Gegenteil: „Die Stimmung ist so, dass nicht nur Blome, sondern auch Büchner gar nicht antreten soll“, sagt ein Insider. Auch die Ressortleiter stünden in dieser Frage „wie eine Wand“.
Büchner äußert sich auf Anfrage zu den aktuellen Vorgängen nicht. In seiner Mail an die KG-Geschäftsführung hat er nicht ausgeführt, was er tun will, wenn er die Vertrauenserklärung nicht bekommt.