Noch ist Zeit bis zum Fernduell der TV-Gladiatoren Lanz und Gottschalk im Oktober. Doch schon jetzt ziehen Sender und PR-Strategen im Hintergrund an den Strippen – nicht immer klappt's.
Berlin. Thomas Gottschalk vs. Markus Lanz – das Duell sorgt schon zwei Monate vor dem ersten Aufeinandertreffen der beiden Showstars für Gesprächsstoff. Mehr, als vielleicht beiden und den dazugehörigen TV-Sendern lieb ist. Eine Fernsehanstalt hat es zwar gerne, wenn über ihre Produkte geredet wird, nicht aber schon viele Wochen vor Beginn der Ausstrahlung. Dann geraten die PR-Strategien, die viel mit Spannungsaufbau zu tun haben, leicht außer Kontrolle, und die Wirkung verpufft.
Vor dem 15. September, wenn das RTL-Showspektakel „Das Supertalent“ an den Start geht, soll zumindest die schreibende Presse dem Berliner Tempodrom, in dem die Castingrunden stattfinden, fernbleiben. Ursprünglich mal ins Auge gefasste Gesprächstermine mit der neuen Jury, die sich aus Dieter Bohlen, Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker zusammensetzt, seien aus „Termingründen“ nicht möglich, heißt es vom Sender.
Dennoch: Für einen Fototermin an diesem Donnerstag war Zeit genug. Fotografen stellen aber auch keine Fragen, die die Protagonisten in Versuchung führen könnten, die Stimmung viel zu früh anzuheizen.
Das ZDF fährt ebenfalls eine Strategie des langen Schweigens: Lanz ist einstweilen im Urlaub. Er hatte von seiner Talkshow einige Ausgaben vorproduziert, dann begannen die Olympischen Spiele, seine Rückkehr auf den Bildschirm ist für den 21. August geplant. Bevor er seine Premiere mit „Wetten, dass..?“ am 6. Oktober hat, will das ZDF den 43-jährigen Gottschalk-Nachfolger weitere vier bis fünf Wochen unter Verschluss halten.
Dass dieses Vorgehen seine Tücken hat, zeigte sich am Dienstag: Die „Hörzu“ veröffentlichte Auszüge eines Gesprächs, das Lanz mit der Illustrierten geführt hatte. Der Sender hatte darauf keinen Einfluss, obwohl er sich ausbedungen hat, dass alle Anfragen über die Lanz-Agentur oder das ZDF laufen sollten – und abschlägig beschieden werden.
Ende August plant der Sender mit Lanz nach dessen Rückkehr einen Interview-Zug durch die Redaktionen der Programmzeitschriften, weil die einen Vorlauf von etwa sechs Wochen haben – ein Relikt aus den 90er Jahren, dem immer noch Rechnung getragen wird. Erst Ende September ist der erste öffentliche Lanz-Pressetermin für alle Medien vorgesehen.
Für eine zwischenzeitliche Schweigepause sorgten bereits vor einigen Tagen die Programmierungsabsichten des Senders RTL, der noch einmal bestätigte, was schon Wochen bekannt war: Dreimal wird „Das Supertalent“ unweigerlich direkt mit „Wetten, dass..?“ zusammenrasseln: Am 6. Oktober, am 3. November und am 8. Dezember. Gottschalk persönlich soll versucht haben, RTL-Chefin Anke Schäferkordt von diesem Vorhaben abzubringen. Doch er biss auf Granit, berichteten Medien. Gibt es deswegen nun zwei Verlierer?
Nicht auszuschließen, denn die Zahlen belegen: Beide Shows hatten zuletzt mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen. „Wetten, dass..?“ fiel ein paar Mal unter die Zehn-Millionen-Zuschauer-Marke, bevor Gottschalk seine Abschiedstournee gab und die Quoten wieder hochtrieb. „Das Supertalent“ gab in der fünften Staffel nach. Das Finale verbuchte im Dezember 2011 mit 5,9 Millionen Zuschauern weniger Publikum als das Finale 2010 mit 8,17 Millionen. Einmal traten Bohlen und Co. im direkten Vergleich an einem Donnerstag im November 2011 gegen den ProSiebenSat.1-Überraschungserfolg „The Voice“ an und verloren, gemessen am Zielpublikum zwischen 14 und 49 Jahren.
Dass die Medienwelt mit Hochspannung auf das Fernduell der Rivalen wartet, wird auch durch die Tatsache verdeutlicht, dass die Zeitschriften-Verlage Umfragen in Auftrag geben. 52 Prozent der Deutschen wolle beim direkten Aufeinandertreffen Lanz den Vorzug geben, nur 19 Prozent Gottschalk, wie die Zeitschrift „TV Digital“ ermitteln ließ. Mitstreiter „Auf einen Blick“ ließ erforschen: 64 Prozent der Deutschen trauen Lanz die erfolgreiche Nachfolge nicht zu. Nur 36 Prozent sagen: Ja, er wird Erfolg haben.
Lanz spürte schon selbst lange vorm heißen Herbst, wie alle Augen auf ihn gerichtet sind: „Ich merke, dass die ganze Aufregung drumherum wächst und steigt“, sagte der Südtiroler in einem Mitte Juli veröffentlichten Gespräch mit seinem Sender. Er sei sich zwischendurch gar nicht so sicher gewesen, „ob das so eine prima Idee war, weil ich die, ich sag' mal Nebenwirkungen, die kamen, unterschätzt habe.“ Der „Hörzu“ steckte Lanz, er habe sich über Gottschalks Wechsel zu RTL gewundert. Und etwas geknickt schien er auch: Sein Vorgänger habe ihn nicht angerufen und beglückwünscht.