... kann man sich ab heute über den neuen schwedischen Streamingdienst Spotify im Internet anhören - total legal und nur über Facebook.
Hamburg. 16 Millionen Songs. "Man bräuchte mehr als 100 Jahre, um alle zu hören", sagt Axel Bringéus mit deutlich hörbarem Stolz. Der Schwede sitzt in einem Hamburger Hotel und spricht enthusiastisch von dem, was er als ein "Zukunftsmodell" für die Musikindustrie anpreist. Bringéus ist Regionalvorstand des Musik-Streamingdienstes Spotify für Deutschland, Österreich, die Schweiz und Belgien. Dessen Angebot ist ab heute auch in Deutschland verfügbar.
Und das hat es in sich. Streaming, also das Anhören von Musik über das Internet, ohne dass Dateien dauerhaft auf dem Computer gespeichert werden, gilt vielen augenblicklich als wichtigster Wachstumsmarkt für die von Problemen gebeutelte Musikbranche. Um sich von Mitbewerbern wie Rdio oder Simfy abzuheben, setzt das schwedische Unternehmen auf drei Aspekte.
Zugkräftigstes Argument für neue Kunden wird der "Spotify Free" genannte kostenlose Zugang sein: Als angemeldeter Nutzer kann man ohne Zeit- oder Abspielbeschränkungen auf den Katalog des Unternehmens zugreifen. Finanziert wird dieses Modell durch Werbeeinblendungen. Dazu kommen zwei kostenpflichtige Modelle: "Spotify Unlimited" bietet das Gleiche wie der freie Zugang, aber ohne Werbung. Wer Musik in höherer Qualität hören, auch mobil auf den Dienst zugreifen und Playlisten offline zwischenspeichern möchte, der zahlt 9,99 Euro im Monat für "Spotify Premium".
Bringéus schildert den Dienst in glühenden Farben. Sie seien angetreten, um "die verlorene Generation" dazu zu bringen, wieder für Musik zu bezahlen. Die verlorene Generation, das sind die Menschen, die "noch nie eine CD gekauft haben, die nur illegal herunterladen", so Bringéus. Sie sind jung, musikaffin. Und bei Facebook.
+++ Internet-Dienst Spotify startet in Deutschland +++
Denn ohne Facebook-Konto geht nichts bei Spotify. Bringéus begründet die enge Bindung an den sozialen Netzwerk-Giganten damit, dass man ein gemeinsames Ziel habe, nämlich "Musik und das Soziale zu vernetzen". Neue Kunden nicht über aufwendige Marketingkampagnen, sondern einfach über das Prinzip Neugier anzulocken, das aber ist der eigentliche, sehr geschickte Schachzug daran. Denn alles, was man bei Spotify hört, taucht - in der Standardeinstellung - auch auf dem eigenen Facebook-Profil auf. Und wer sieht, was seine Freunde sich anhören, möchte eventuell dasselbe hören. Und dafür benutzt er dann im Idealfall Spotify. Facebook als Partner ist aber nicht nur für das auf schnelles Wachstum angewiesene Start-up-Unternehmen ein Gewinn. Auch Zuckerbergs Plattform könnte neue Kunden bekommen.
Denn Spotify lockt nicht nur mit einfacher Vernetzung und Gratismusik, sondern auch mit Features, die sicher den einen oder anderen Facebook-Verweigerer auf dem Umweg über Spotify ins Netzwerk bringen: Als augenblicklich einziger Musikdienst bieten die Schweden Apps an, die innerhalb des Musikprogramms laufen. Die amerikanischen Top 100, die aktuellen Rezensionen des "Rolling Stone", des britischen "Guardian" und des Musikblogs "Pitchfork" sind nur einen Klick entfernt. Deutsche App-Partner hat man ebenfalls bereits gewinnen können - unter anderem kommen Musik-Portale Motor.de und laut.de, die Magazine "Visions" und "Intro" zum Deutschlandstart von Spotify dazu. Bringéus' Kollege Stan Garmark sagte unlängst, Spotify müsse zum Betriebssystem für Musik werden, die Apps sind ein erster Schritt.
Er sieht Spotify als "good guys", die die Musikwelt schöner und sozialer machen wollen. Doch Musik ist nicht nur Unterhaltung, sondern auch Geschäft. Ob das Unternehmen schwarze Zahlen schreibt, wie die Verhandlungen mit Labels und der Verwertungsgesellschaft GEMA gelaufen sind, dazu möchte sich Bringéus nicht äußern. Lieber spricht er davon, dass Spotify helfen möchte, der Musik ihren (Geld-)Wert zurückzugeben. In Schweden gebe es bereits Musiker, die sich vollständig über Spotify finanzierten.
Anmeldung und Download: www.spotify.de