In der Neuen Flora gaben vier prominente Journalisten Auskunft über ihren Traumjob - und Tipps zum richtigen Einstieg in die Branche.
Hamburg. Neugier, Durchblick und Konfliktbereitschaft, genaue Recherche und das Interesse, sich mit Inhalten sachlich und kritisch auseinanderzusetzen – das sind Kriterien, die einen guten Journalisten ausmachen. In der Neuen Flora, wo sich sonst Tarzan, Jane und allerlei Musical-Getier tummeln, hatten sich am Freitag mehrere Hundert medieninteressierter Jugendliche versammelt, um Judith Rakers (ARD-Moderatorin), Thomas Osterkorn (Stern), Claus Strunz (Hamburger Abendblatt) und Rüdiger Ditz (Chefredakteur Spiegel online) zuzuhören. Die Mediengrößen waren Stargäste beim Schülersymposium „Wege in den Traumberuf Medien“, zu dem das Magazin „absolut karriere“ in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit und der Jungen Presse Hambug e.V. eingeladen hatte.
Im Foyer der Flora waren zahlreiche Stände aufgebaut, an denen sich die Schüler zuvor über Einstiegsmöglichkeiten in Medien-, aber auch in verschiendene Designberufe hatten informieren können. Jan-Henning Steeneck (17) und Florian Otte (18), Gymnasiasten aus Hittfeld, wollen Journalisten werden. „An den Ständen haben wir leider noch nicht das gefunden, was uns tatsächlich interessiert: nämlich mal zu hören, was so alles zum Journalist sein dazu gehört und welche Möglichkeiten der Ausbildungen es gibt“, sagten sie, nachdem sie in den roten Sesseln des Musical-Saals Platz genommen hatten. Auch Shanice Uetrecht (17) und Anna Wagner (16) von der Julius-Leber-Gesamtschule in Schnelsen hofften, auf dem Symposium mehr über ihre Traumberufe zu erfahren. Shanice interessiert sich für PR, Anna will lieber zum Fernsehen. Nele Lehmann (16) dagegen will Moderatorin werden. „Ich moderiere schon jetzt häufig den 'Talentschuppen' in unserer Schule“, sagte die Bargetheider Gymnasiastin. „Das macht mir Spaß. Vielleicht kriege ich hier gute Tipps, wie ich das zu meinem Beruf machen kann.“
Launig und professionell gaben die Starjournalisten Auskunft über die Vorraussetzungen, die man für den Beruf mitbringen muss, verrieten die Erfolgsrezepte ihrer Karriere, klärten über die verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten auf und über die Chancen, die junge Journalisten heutzutage auf dem Arbeitsmarkt haben. „Die Zahl der Medienjournalisten hat sich erhöht, der Bedarf wird sogar noch zunehmen“, waren sich die Experten einig. „Wir sind eine Gesellschaft, für die Kommunikation extrem wichtig ist.“ Allerdings hätten sich die Anforderungen an den Journalismus verändert: er sei schneller geworden, habe die Gemütlichkeit der 70er-Jahre verloren, und hätte durch das Internet und Vertriebsgeräte wie etwa dem Ipad eine neue Form der Verbreitung gefunden. Ein Aus für die Tageszeitung werde das aber nicht bedeuten, sagte Abendblatt-Chefredakteur Strunz. „Online, Rundfunk und Fernsehen berichten aktuell, was passiert ist, die Zeitung erklärt und analysiert das Geschehene.“
Bevor man sich für den Journalisten-Beruf entscheide, müsse man jedoch prüfen, ob man die Fähigkeit dazu besitze. „Man muss sehr mitteilsam sein“, sagte Spiegel online-Chef Ditz. „Wer seine Meinung oder die Ergebnisse seiner Recherche nicht loswerden will, ist als Journalist nicht geeignet.“ Zeugnisnoten und Abitur seien für den Beruf nicht unbedingt entscheidend, statt dessen aber die hohe Bereitschaft, sich sachlich und kritisch mit Inhalten auseinanderzusetzen, und der große Wunsch, das Herausgefundene mitzuteilen. „Hört auf eure Leidenschaft“, sagte Claus Strunz. Wer die nicht empfinde, solle etwas anderes machen. Außer Leidenschaft sind auch Flexibilität und Fleiß Bedingung – und oft die Bereitschaft, früh aufzustehen. „Teilweise muss ich schon um 4.30 Uhr in der Maske sitzen“, sagte Judith Rakers. Der Schichtdienst einer Tagesschau-Moderatorin sei eigentlich „freunde- und familienunfreundlich“, sei aber trotzdem ihr Traumberuf. „Da bin ich am Puls der Zeit“, sagte sie. „Während ich die erste Meldung lese, wird die zweite noch aktualisiert.“ Wer einen Job als Redakteur bei Fernsehen, Rundfunk oder Zeitung bekommen möchte, sollte Engagement beweisen. „Ihr müsst einen Fuß in die Redaktionen kriegen“, riet Judith Rakers den Nachwuchsjournalisten. „Fangt in kleinen Redaktionen mit Praktika an, da könnt ihr mehr machen als in den großen. Nutzt dafür Wochenenden und Ferien – euer Engagement kommt euch zugute.“
Für das Erlernen des Traumberufs gibt es mehrere Möglichkeiten: das klassische, meist zweijährige Voluntariat, die Ausbildung an einer Journalistenschule, das Studium an einer praxisorientierten Hochschule oder das Quereinsteigen nach einem Studium. Journalistik sollte allerdings eher als Zweitstudium gewählt werden. „Studiert als Hauptfach etwas, das euren Neigungen entspricht“, sagte Stern-Chef Osterkorn. „Wir brauchen nämlich Redakteure mit Fachwissen: Volkswirtschaftler, die uns die Griechenland-Krise erklären, Historiker, die über die Entwicklung des WM-Landes Südafrika schreiben.“
„Stärkt eure Stärken, nicht eure Schwächen. Das macht euch kompetent und zeichnet euch aus.“ Es ist ein Satz von Claus Strunz, der Jan-Henning und Florian am meisten beeindruckt. Ihrem Traumberuf sind sie heute ein bisschen näher gekommen – sie wissen jetzt, worauf es ankommt, was sie erwartet, wie sie sich präsentieren müssen. „Das war eine informative Veranstaltung“, sagen auch Shanice und Anna. Shanice hat bald einen Praktikumsplatz bei Axel Springer. „Ich werde den auf jeden Fall als Sprungbrett nutzen“, sagt sie. Auch Nele ist begeistert. „Es war genial“, sagt sie. „Besonders der Tipp, ein Praktikum lieber in einer kleinen Redaktion zu machen.“