Hamburg. Erst das Best-Of-Album „Hitstory“, im Frühjahr geht's dann auf große Abschiedstour. Für ihre Heimatstadt Hamburg hat sich das Trio zum Abschied etwas ganz Besonderes einfallen lassen.
Sie haben in der deutschen Popgeschichte ihren festen Platz, machten sie doch den Deutschrap in den 1990er-Jahren salonfähig. Nun, nach knapp 30 Jahren, geht Fettes Brot, jenes HipHop-Trio aus Hamburg, das sich mit Songs wie „Nordisch by Nature“ und „An Tagen wie diesen“ in die Herzen der breiten Masse rappte, in Rente.
Die drei Musiker verabschieden sich mit einem Best-of-Album und einer „fetten“ Abschiedstour. „Hitstory“ erscheint am 10. Februar und beinhaltet die zehn größten Hits der „Brote“, wie ihre Fans Dokter Renz (Martin Vandreier, 48), König Boris (Boris Lauterbach, 48) und Björn Beton (Björn Warns, 49) liebevoll nennen.
„Nordisch by Nature“ und „Jein“
Wer mit der Musik groß geworden ist, für den ist das Album eine Zeitreise in Jugendtage, eine Erinnerung an Partys, Chillen und Lässigkeit. Bei der Auswahl der Titel sind die drei HipHopper jedoch pragmatisch vorgegangen: „Wir haben uns vorgestellt, wir spielen auf dem größten Festival der Welt und bekommen nur 60 Minuten Zeit. Da muss die Auswahl ballern“, sagt Björn Beton der Deutschen Presse-Agentur. „Außerdem sind es die Songs, die am erfolgreichsten waren.“ So finden sich auf dem Sampler natürlich die Plattdeutsch-Hymne „Nordisch by Nature“, die 1995 den Durchbruch für Fettes Brot brachte sowie „Jein“, mit dem sie ein Jahr später ihren Platz in den Charts manifestieren konnten.
Von da an lief es bei den Broten. Und das nicht zuletzt, weil ihre Texte Geschichten erzählen, intelligent und witzig sind und weil sich Björn Beton, König Boris und Dokter Renz ihre Rap-Parts auch innerhalb einzelner Strophen aufteilen, wodurch eine neue Dynamik entsteht. Ab und zu holten sie sich Unterstützung von anderen Musikern - etwa beim nachdenklichen „An Tagen wie diesen“, bei dem Pascal Finkenauer den Refrain singt, und davon erzählt, wie Katastrophen medial in unseren friedlichen Alltag eindringen und was das mit uns macht.
Auch „Schwule Mädchen“ darf auf dem „Hitstory“-Album natürlich nicht fehlen - war es doch der Protestsong, der sich gegen die schwulenfeindliche Haltung im Deutschrap richtete. Björn Beton: „Bei "Schwule Mädchen" muss ich unweigerlich daran denken, wie viele spannende Diskussionen wir zum Thema Sexualität und Rap losgetreten haben. Tatsächlich hat jeder Song eine wichtige Bedeutung in unserem Leben.“
Manchmal kommt diese Bedeutung überraschend daher - etwa bei „Emanuela“. „Als wir den Song gemacht haben, wussten wir selber nicht so genau, was für eine Art Musik das sein soll“, sagt Björn Beton. „Wir haben nur gewusst, dass dieser komische Song eine totale Sogkraft hat, so dass man ihn gleich noch einmal hören möchte. Wir waren von uns selbst überrascht. Aber wenn ich eins in den 30 Jahren an Popkulturwissen mitgenommen habe, dann, dass man nie vorhersagen kann, was ein Hit wird und was nicht.“
Brot kann nicht weinen - oder doch?
Die Fans jedenfalls wissen, welche Hits sie lieben. Und so sind „Bettina, zieh' dir bitte etwas an“, „Da draußen“, „Erdbeben“, „The Grosser“ und „Echo“ weitere Songs, die sich auf dem Album finden und die bald bei den Konzerten wieder mitgesungen werden können. Denn vom 5. April bis 6. Mai gehen Fettes Brot auf Abschiedstour quer durch die Republik – mit Ausnahme von Hamburg. Denn für ihre Heimatstadt haben sie sich etwas Besonderes ausgedacht. Dort feiern sie am 1. und 2. September Open Air eine riesige Abschiedsparty auf der Trabrennbahn.
Dennoch hat so ein Abschied natürlich etwas Trauriges. In ihrem Abschiedssong „Brot weint nicht“ verkünden die Brote: „Doch Tränen werdet ihr nicht sehen. Sowas kann uns nicht passieren“ und „Das, was ich hinter meiner sehr teuren Sonnenbrille verstecke, das sind gar keine Tränen, ich hab' bloß was im Auge. Doch ihr wisst ja, Brot kann nicht weinen.“ Das klingt, als würden sich die drei HipHopper selbst Mut zureden für die emotionale Zeit, die vor ihnen liegt. Björn Beton: „Mutig ist es doch, zu seinen Gefühlen zu stehen. Das tun wir und können es auch mit diesen Zeilen nicht überspielen. Ich weiß gar nicht, wie sich das anfühlen wird, wenn wir die letzten Male gemeinsam eine Stadt besuchen und Konzerte spielen. Ich weiß aber, dass ich nicht alleine damit bin.“