Köln/Ibbenbüren. Das neue Album der Donots trägt einen Titel, der auch ein Schlager sein könnte: „Heut ist ein guter Tag“. Die Band selbst nennt es lieber einen „Gästelistenplatz für die Apokalypse“.
Punkrock aus Ibbenbüren? Als latent überheblicher Großstadtbewohner ist man schnell geneigt, das irgendwie putzig zu finden. Zumindest so lange, bis Ingo Knollmann erklärt, wie die Verhältnisse damals so waren im Münsterland.
„Kleine oder mittelgroße Städte sind der Nährboden von Dorfpunks“, sagt er, sitzend an seinem Küchentisch. „Weil du da an vorderster Front konservative Strukturen mitbekommst.“ Oder, um es weniger akademisch auszudrücken: „In Ibbenbüren hatte gefühlt jeder Mensch jenseits der 50 einen Jägerzaun aus dem Hintern ragen.“ Da habe man sich einfach entscheiden müssen, auf welcher Seite man habe stehen wollen.
Knollmann kann Dinge ohne lange Umschweife auf den Punkt bringen und das zeichnet auch die Band aus, deren Sänger er ist. Die Donots - aus jenem Ibbenbüren - gehören seit mehr als 20 Jahren zu den bekanntesten deutschen Punkbands, im Mainstream noch etwas verdeckt von den Toten Hosen und den Ärzten. „Heut ist ein guter Tag“ heißt das neue Album - und ein bisschen etwas hört man noch von der Wut auf den Jägerzaun.
Tendenziell auf der pessimistischen Seite
„Das Album sollte schon positiv und hoffnungsvoll sein. Als klassische subkulturelle Band stehen wir natürlich aber auch immer knietief in der Realität“, erklärt Knollmann zu der neuen Platte. Es ist die erste seit fünf Jahren. „Tendenziell sind wir dadurch auch immer ein bisschen auf der pessimistischen Seite geparkt.“
Rund um die 2000er gelang den Donots das Husarenstück, als deutsche Band mit englischen Punkrock-Songs („Whatever Happened To The 80s“) bekannt zu werden, die sich unpeinlich in Playlists mit amerikanischen Genre-Größen wie Blink-182 einfügten. Hätte man ohne Vorwissen tippen müssen, wäre man beim Anhören gedanklich eher in Kalifornien als im Tecklenburger Land gelandet.
Seit einigen Jahren singen sie nun auf Deutsch. Das hat der Band aber nochmals einen neuen Schub gegeben. „Dadurch wurde alles noch mal intensiver, noch mal größer“, sagt Knollmann. Im Sommer eröffneten die Donots das Festival Rock am Ring - zusammen mit den Toten Hosen.
Mit viel Witz
Die neuen Songs umgibt mal kindlicher Trotz („Auf sie mit Gebrüll“), mal erzählen sie von der ungläubigen Verzweiflung, mit der man auf die Menschheit und den Planeten blicken kann („Kometen“). Das alles wird aber nicht allzu düster vorgetragen, sondern mit Witz und der metaphorischen Faust in der Tasche. „Eine Platte wie ein Gästelistenplatz für die Apokalypse“, heißt es im beiliegenden Text. Es ist die perfekte Begleitmusik, um nachts wütend in ein Freibad einzubrechen, denkt man sich, wenn man dem Album lauscht.
„Als Punkrock-Band verkaufst du keine heile Welt. Wir sind ja nicht Schlager“, sagt Knollmann. „Du sagst: Die Gesamtscheiße ist scheiße - aber wir müssen irgendwie die Treppe hochfallen.“
Abgemischt wurden die Lieder so, dass sie sich sehr live anhören, was dem Hörerlebnis sehr zugutekommt. Auch hört man dem Album nicht an, dass seine Entstehungszeit in der bleiernen Corona-Hochphase liegt. Wegen der Pandemie lagen bei den Donots durchaus größere zeitliche Abstände zwischen den gemeinsamen Musik-Sessions. „Ich bin sehr glücklich darüber, dass sich die Platte nicht anhört wie ein Mixtape verschiedener Bands, was wegen der Pausen wirklich hätte passieren können“, sagt Knollmann.
Sein Küchentisch steht übrigens in Köln, einer Großstadt. Und gewohnt hat er lange in Münster. Aber er betont: „Wir sind eine Ibbenbürener Band.“ Daran hat sich nichts geändert.