Hamburg. Eine glänzende Satire auf die Filmindustrie mit Penélope Cruz, Antonio Banderas und Oscar Martinez. Dabei ist der Titel ein Werbegag.

Vorsicht vor Superlativen. Gerade in Titeln. Sie reizen sofort zum Widerspruch. Wie etwa „Der beste Film aller Zeiten“. Wie anmaßend. Wie vermessen. Da ahnt man schon die Schlagzeilen der Kritiken: „Der größte Flop des Jahres“. Oder „Die bitterste Enttäuschung“.

Aber gemach. Erstens kann man das dem spanischen Film gar nicht vorhalten, weil er im Original „Competencia official“ (also: Offizieller Wettbewerb) heißt. Das Ganze ist nur ein flotter Werbegag des deutschen Verleihs. Zweitens aber kann der Verleih da durchaus auf den Inhalt verweisen. Im Film geht es nämlich wirklich darum, den besten Film aller Zeiten zu produzieren.

"Der beste Film aller Zeiten": Milliardär mit absurdem Plan

Es ist die hochtrabende Idee eines alten Milliardärs, der jenseits aller normalen Maßstäbe lebt. Und in Erinnerung bleiben will. Nicht nur als erfolgreicher Unternehmer, das hat er hinlänglich bewiesen. Auch nicht nur als edler Spender. Nein, der Krösus verfällt auf die absurde Idee, einen Film herzustellen. Nicht selber, als Regisseur. Aber doch als Produzent. In heutigen Zeiten, in denen das Kino längst in einem offiziellen Wettbewerb mit aggressiven Streaming-Plattformen steht, ist das fast schon eine rührende Idee, dass man mit einer Kinopremiere noch Geschichte schreiben könnte.

Gleichwohl verfällt der Milliardär demselben Irrglauben, dem schon mancher Hollywood-Mogul aufgesessen ist: dass ein guter Film, ein grandioser Erfolg planbar ist. Und dass man dafür nur klotzen muss. Die Filmrechte am neuesten Bestseller sichern, die angesagteste Regisseurin gewinnen und die größten Stars einkaufen.

Dieser Film steht in einer sehr ehrwürdigen Tradition

Filme über Filme und das Filmbusiness gibt es zuhauf. Sie bilden fast schon ein eigenes Subgenre. Und es ist immer wieder ein Spaß, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, die Desillusionierung der großen Illusionsmaschinerie zu erleben. Es gibt Klassiker wie „Singin’ in the Rain“, Billy Wilders „Boulevard der Dämmerung“, Blake Edwards’ „S.O.B. – Hollywoods letzter Heuler“ und jüngere Satiren wie Ben Stillers „Tropic Thunder“ oder Tarantinos „Once upon a Time… in Hollywood“, in denen die Traumfabrik sich kräftig auf die Schippe nimmt. Selbst die Streaming-Konkurrenten erzählen solche Geschichten, wie Netflix im Drama „Trumbo“ und der Serie „Hollywood“. Es gibt aber auch zahlreiche europäische Beiträge. Wie Truffauts „Amerikanische Nacht“ oder der französische Oscar-Erfolg „The Artist“.

„Der beste Film aller Zeiten“ aus Spanien, der jetzt ins Kino kommt, steht also in einer langen, ehrwürdigen Tradition. Aber er ist trotzdem singulär: Ist es doch der erste Film übers Filmbusiness, der ganz ohne Dreharbeiten auskommt. Es reicht schon, einmal die Phase davor zu zeigen, die sogenannte Pre-Production, die man so wirklich noch nie gesehen hat. Und dazu braucht das Regie-Duo Mariano Cohn und Gáston Duprat gar nicht viel: drei Schauspieler – oder doch vier, mit dem Mäzen – , die sich an einem abgelegenen Ort treffen. Und für den Film proben sollen. Aber von Anfang an wird daraus ein Diven- und Zickenkrieg.

Penélope Cruz überragt als durchgeknallte Regisseurin

Ganz großartig ist dabei Penélope Cruz als durchgeknallte Regisseurin, die sich schon rein äußerlich so exzentrisch gibt, als habe sie sich an der deutschen Autorin Sibylle Berg orientiert. Und die ihre Schauspieler auch mit sehr unkonventionellen Methoden herausfordert: Etwa indem sie sie zwingt, ihre Dialoge unter einem frei schwebenden und bedrohlich knarzenden Felsbrocken zu sprechen. Oder indem sie sie fesselt und vor ihren Augen deren wichtigsten Preise schreddert. Auszeichnungen sind doch nur schnöder Schein.

Nicht minder großartig aber sind ihre beiden Opfer: Da ist Antonio Banderas, der hier mit Lust das Klischee eines Filmstars gibt, immer eitel, immer nach jungem Fleisch geifernd. Einer, der statt der Rolle lieber schon die Oscar-Dankesrede dazu vorbereitet. Und der immer nur auf seinen Star-Nimbus vertraut, statt sich auf den zu spielenden Charakter einzulassen. Da ist aber auch Oscar Martinez, der einen nicht minder blasierten Theatermimen gibt, der das Kino verachtet und nur für die Bühne lebt, sich dann aber doch einmal dazu herablässt. Nur um der Welt zu zeigen, wie schmählich sie sein Talent verkennt.

„Der beste Film aller Zeiten“: Lauter Stars mit Gastauftritten

In diesem Film über Film werden mal nicht, wie sonst so subgenre-üblich, alle Register gezogen, mit riesigen Studios, die mal selbst die Kulissen bilden, und lauter Stars noch in kleinsten Gastauftritten. Nein, dies ist eine minimalistische Kammerspielversion davon. Aber deshalb nicht minder wirkungsmächtig. Es genügt ein einziger, leerer, riesiger architektonischer Bau, in dem sich die drei Hauptfiguren fast verlieren. Señor Martinez geht es dabei ein bisschen wie seiner Filmfigur: Er muss gegen den Nimbus von Spaniens größten Filmstars Cruz und Banderas anspielen.

Aber daraus ergibt sich ein herrlich abgründiges Dreiecksdrama, in dem sich die drei Egos immer wieder in die Haare kriegen, manchmal im übertragenen Sinn, manchmal aber auch ganz und gar wörtlich. So dass man kaum glauben mag, dass am Ende je ein Film herauskommen könnte. Und immer überrascht diese Satire mit einer neuen haarsträubenden Wendung.

Daraus ist zwar nicht der beste Film aller Zeiten geworden, noch nicht mal der beste Film übers Filmemachen. Aber doch ein trefflicher, augenzwinkernder Spaß, der noch mal ganz neue, entlarvende Einblicke in die Welt des Films gewährt.

„Der beste Film aller Zeiten“ 115 Minuten, ab 12 Jahren, läuft im Abaton, Koralle, Passage, Zeise