Hamburg. Wolfang Niedecken, Gründer der Kölsch-Rock-Band, zeigt sich in Hamburg in Bestform. Ein fulminantes Konzert vor 2000 Zuschauern.

Wer am Pfingstsonntag erst um 19 Uhr den Eingang zur Freilichtbühne im Stadtpark passierte, hatte schon mal drei Lieder verpasst. Beginn 18.45 Uhr heißt bei BAP: 18.45 Uhr. Wolfgang Niedecken mag es pünktlich, im Stadtpark mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Sendeschluss um 22 Uhr erst recht. Da BAP-Konzerte traditionell drei Stunden dauern, darf die Kölsch-Rock-Band keine Zeit verschenken.

Wer also mit dem akademischen Viertel aufkreuzte, wurde direkt in den „Waschsalon“ geleitet, einen der Gassenhauer aus den 1980er-Jahren, als BAP die Charts aufmischte. Längst haben alle Mitstreiter dieser Ära die Band verlassen, als dienstältestes BAP-Mitglied zupft nun Werner Kopal seit 1996 den Bass.

BAP im Stadtpark: Wolfgang Niedecken in Bestform

Verdamp lang her. Und doch kein Grund zur Wehmut. Im Gegenteil. Gründer Niedecken zeigt sich in Bestform, trotz eines schweren Schlaganfalls, den er 2011 knapp überlebte. Als Glücksfall zeigt sich auch bei dieser Tour Niedeckens Zusammenarbeit mit Anne de Wolff und Ulrich Rode, die in Wellingsbüttel das BluHouseStudio betreiben. Anne de Wolff, begnadete Multiinstrumentalistin, und ihr Mann Rode, Leadgitarrist bei BAP, haben mit Niedecken die Arrangements immer weiter ausgefeilt – auch dank des Bläser-Trios mit Johannes Goltz, Christoph Moschberger und Axel Müller.

Ihre Klasse beweist die Band gerade bei den leisen Liedern wie „Jraaduss“ und „Mittlerweile Josephine“, dem Lied, das Niedecken seiner jüngsten Tochter gewidmet hat: „Die meisten von Euch wissen ja, wie es ist, wenn die Kinder aus dem Haus gehen.“ In der Tat. Das Publikum ist mit Niedecken in die Jahre gekommen, manche tragen vier Jahrzehnte alte Tour-T-Shirts.

BAP in Hamburg: Publikum ist mit Niedecken in die Jahre gekommen

2000 Zuschauer feiern an diesem lauen Sommerabend auch zwei Gäste. Liedermacher Stefan Stoppok singt mit Niedecken „Ruhe vor’m Sturm“, Jan Plewka (Selig) intoniert mit dem Band-Chef „Kristallnaach“. Niedeckens Protestsong, erschienen 1982, gegen Rassismus, Ausländerhass und Homophobie, anknüpfend an die Pogromnacht, wirkt auch nach 40 Jahren geradezu beängstigend aktuell.

Als nach gut zwei Stunden der erste Zugaben-Block beginnt, ruft eine Zuschauerin „Verdamp lang her“. Und natürlich enttäuscht Niedecken seine Fans nicht, sein berühmtestes Lied steht als 25. Song auf der Setlist. Auch hier kommen Plewka und Stoppok mit auf die Bühne.

"Wenn ahm Ende des Tages": Hauch von Sentiment zum Ende

Am Ende gönnt sich Niedecken einen Hauch Sentiment. Er setzt sich auf einen Stuhl, die Scheinwerfer richten sich allein auf ihn. „Wenn ahm Ende des Tages“ heißt das 30. und letzte Lied, eine Liebeserklärung an seine Frau, für alle Nicht-Kölner hier ins Hochdeutsche übersetzt: „Ich bin einfach nur dankbar dafür, dass es dich in meinem Leben gibt.“ Schlusspunkt eines fulminanten Konzerts.