Hamburg. Der als Cellist berühmt gewordene Dirigent konzentrierte sich bei Haydns letztem Oratorium “Die Jahreszeiten“ auf die Kontraste.

Immer wieder hat Joseph Haydn neue Türen in der Musik des 18. Jahrhunderts aufgestoßen, klassische Gattungen wie das Streichquartett geschaffen oder das barocke sakrale Oratorium über die Zeit der Aufklärung hinweg in eine andere Epoche hinübergerettet. Sein viertes und letztes Oratorium „Die Jahreszeiten“ konnten wir am Mittwoch in historischem Klangbild mit dem Orchester des 18. Jahrhunderts, dem Kammerchor Cappella Amsterdam unter Nicolas Altstaedt und einem Elite-Solistenensemble in der Elbphilharmonie erleben.

Es war phänomenal, wie die Barockoboen, die Naturhörner und -posaunen oder die klassischen Klarinetten des berühmten, einst vom Blockflötisten Frans Brüggen gegründeten Orchesters die Bildhaftigkeit und Frische dieser Musik zum Klingen brachten. Geschickt war die rechts und links in jeweils 14 Sängerinnen und Sänger aufgeteilte Cappella Amsterdam seitlich hinter dem Orchester platziert, während Christina Landshamer als Hanna, der Bassbariton und Residenzkünstler der Elbphilharmonie Florian Boesch als Simon und der Weltstar Ian Bostridge als Lukas von ganz hinten sangen.

Elbphilharmonie: Oratorium "Die Jahreszeiten" unter Nicolas Altstaedt

Klar und schön phrasiert begleiteten Piccoloflötenakzente Boeschs Arie vom pflügenden Ackermann im „Frühling“. Und immer wieder war es mitreißend, wie Haydn das weltliche Thema mit oft liedhaften, ja fast volksliedhaften Themen begleitete und in strahlende Lobpreisungen von Gottes schöpferischer Kraft hinübergleiten ließ.

Der als Cellist berühmt gewordene und nun seine Leidenschaft fürs Dirigieren so bravourös entdeckende Nicolas Altstaedt konzentrierte sich auf die Kontraste, tappte aber nicht in die Falle, Haydns Musik ins Tonmalerische abgleiten zu lassen. Als Bostridge in einer Cavatine nicht ohne Dramatik vom Druck der Sommerhitze sang und von einer klagenden Oboe begleitet wurde, die Haydn zuvor schon als Symbol für eine Hirtenflöte eingesetzt hatte, wurde einem allein von der Vorstellung brennender Sonnenstrahlen ganz warm.

Herrlich grummelten die Pauken bei einem nahenden Gewitter, und als der „Winter“ mit der gewaltigen Doppelfuge zu Ende ging, hätte man am liebsten gleich wieder mit dem „Frühling“ beginnen wollen.