Hamburg. Skip Sempé und sein Ensemble Capriccio Stravagante Renaissance Orchestra sorgten in der Laeiszhalle für Begeisterung.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts gab es zwar noch kein YouTube, wohl aber vergleichbar wirksame Mittel, um aus eigenen Stücken wahre Hits zu machen. Der Shakespeare-Zeitgenosse John Dowland war eine Art Popstar des Elisabethanischen Zeitalters, der sich auf diese Kunst verstand.

Seine „tränenreichen“, mit einem fallenden viertönigen Motiv beginnenden Pavanen aus dem Zyklus der „Lachrimae or Seven Teares“ von 1604, die sich jeder scheinbaren Schwermut zum Trotz mit munteren Tanzsätzen verbanden, waren bald in ganz Europa bekannt. Dowland nämlich hatte sie für verschiedene Instrumentalbesetzungen bearbeitet, auf eigene Kosten veröffentlicht und ganze Komponistengenerationen nach ihm bis hin zu seinem Landsmann Benjamin Britten aus dem 20. Jahrhundert damit inspiriert, die seine Melodien adaptierten.

Skip Sempé: Renaissancemusik voller Überraschungen

Viel Freiheit im Umgang mit Dowlands Lachrimae nahmen sich auch der amerikanische Cembalist Skip Sempé und sein Ensemble Capriccio Stravagante Renaissance Orchestra, die in der Reihe „Das Alte Werk“ am Mittwoch zu Gast waren.

Sempé hatte die Sätze nach musikalisch-dramaturgischen Kriterien neu zusammengestellt und es entstand ein Klangpanorama der Renaissancemusik voller Überraschungen. Zwei Cembali in der Mitte des Podiums wurden links von Blockflöten und unterschiedlich großen Viola da gambas und rechts von Zinken und Barockposaunen umrahmt.

Doron Sherwins Zink klang wie eine Trompete

Sehr getragen hoben die Lachrimae Antiquae an, denen unmittelbar muntere, Galliarde genannte Tänze folgten, die der geschäftstüchtige und marketingbewusste Dowland berühmten Zeitgenossen wie etwa einem zum Piraten gewordenen Marinekapitän gewidmet hatte. Blumige, oft fast wie Perkussionsakzente eingesetzte Cembaloakkorde oder Arpeggien begleiteten zauberhafte Bläsersoli der Blockflöten und Zinken.

Die von Doron Sherwin so perfekt geblasene Zink besteht zwar aus Holz, klang aber wie eine Trompete und hatte ihren großen Soloauftritt im Lachrimae Verae. Aber auch die wie in einer Frühform des barocken Concerto grosso konzertierenden Blockflöten, darunter sogar zwei kleine Sopraninos, von Julien Martin und Marine Sablonnière sorgten für Begeisterung.