Hamburg. In „Niemand ist bei den Kälbern“ spielt Saskia Rosendahl eine junge Frau,die sich nach einem anderen Leben sehnt.
Die Ödnis in dieser ostdeutschen Provinz ist fasst mit Händen zu greifen. Es ist heiß. Christin (Saskia Rosendahl) will einfach nur noch weg, weg von ihrem stoischen Freund, dem besoffenen Vater, der monotonen Arbeit auf diesem gottverlassenen Bauernhof. Das schafft sie nur, wenn sie als Anhalterin mitfährt. Sie erlebt auf ihrer Reise lieblosen Sex, trinkt viel Alkohol und geht in eine Art innere Emigration. Sie hat Lebenshunger, aber sie hat auch fast schon resigniert.
Der Film „Niemand ist bei den Kälbern“, ist sehr still, fast schon meditativ. Das Drama, das einen ungewöhnlichen Blick auf das Leben in der deutschen Provinz wirft, lief beim Concorso Cineasti in Locarno, wo Rosendahl als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde. Die Dreharbeiten fanden in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern statt. Das passt, denn die Autorin der Romanvorlage, Alina Herbing, wurde in Lübeck geboren und wuchs in dem anderen Bundesland auf.
„Niemand ist bei den Kälbern“: Rosendahl ist fast in jeder Einstellung zu sehen
Für die 27 Jahre alte Rosendahl ist das schon der zweite Film, in dem sie in quasi jeder Einstellung zu sehen ist. Auch im Nachkriegsdrama „Lore“ war das so. Das ist jetzt schon zehn Jahre her. „Der Film war für mich damals ein echter Türöffner. Hätte es ihn nicht gegeben, wäre ich wohl gar keine Schauspielerin geworden. Ich hatte zwar vorher auch schon zwei kurze andere Drehtage, aber für mich war ,Lore‘ immer mein erster Film.“ Zu sehen war sie danach übrigens auch in der Serie „Babylon Berlin“.
Seitdem hat sich die Hallenserin zu einer der interessantesten jungen deutschen Darstellerinnen entwickelt. „Ich war vorher noch nie so lange schon am Entstehungsprozess einer Produktion beteiligt. Wir haben ein Jahr vor der ersten Klappe angefangen. Der Dreh war anstrengend, aber ich fand es super und hilfreich, so früh in den Prozess eingebunden gewesen zu sein.“ Rosendahl und Regisseurin Sabrina Sarabi kannten sich schon vom ersten gemeinsamen Film „Prélude“.
Rosendahl hatte bei den Dreharbeiten auch schwierige Phasen
Viele Tage war Saskia Rosendahl fast allein am Set, musste durch die Handlung springen, da nicht chronologisch gedreht wurde, und erlebte durchaus schwierige Phasen. „Auf dem Land hatte ich oft keinen Handy-Empfang. Es war so einsam.“ Das Leben auf dem Land sei für sie neu und ungewöhnlich gewesen, aber „die Menschen waren sehr hilfsbereit und herzlich“.
Und wie waren die Kälber? „Total toll, ich durfte auch bei einer Geburt mit dabei sein. Plötzlich konnte ich ihnen so nah sein, konnte sie anfassen und an ihnen riechen.“ Mit am meisten habe sie erstaunt, wie sehr sich die einzelnen Jungkühe charakterlich unterscheiden. „Das sind echt coole Tiere.“
Nach mehr als zehn Jahren Berufserfahrung ist sie sich mittlerweile sicher: „Ich brauche auch ab und zu überschaubare Projekte, aber ich liebe einfach Kinofilme. Ich hoffe, dass sie und das Fernsehen neben dem Streaming bestehen bleiben.“ Bisher habe sie beruflich „krasses Glück“ gehabt. „Ich bin gerade sehr da, wo ich auch bleiben möchte.“ In der Corona-Zeit habe sie gelernt, dass es keinen Sinn mache, zu weit vorauszublicken. „Das hat mir eigentlich ganz gutgetan.“
„Niemand ist bei den Kälbern“ 116 Minuten, ab 16 Jahren, läuft im Abaton, Koralle, Zeise