Hamburg. In der Elbphilharmonie spielt das Zürcher Kammerorchester – intensiv und atemberaubend. Thalbach liest herrlich schnodderig.

Zwei Sessel links, Tischchen, Stehlampe, ein schönes altes Sofa rechts, und das Wichtigste: ein Tannenbaum. Es weihnachtet in der Elbphilharmonie. In der Mitte das Zürcher Kammerorchester. Dirigent Christoph Israel, Pianist, Komponist und Produzent, hat die meisten Arrangements dieses bunten Weihnachtskonzerts geschrieben: „Ein Wintermärchen“ wird insgesamt sechsmal gegeben. Das lohnt sich also, zumal der Saal beim ersten Konzert fast voll besetzt war.

Was ein fittes Kammerorchester ist, das spielt auch ohne Dirigenten. Schwungvoll die Eröffnung mit dem Finale aus Joseph Haydns Sinfonie Nr. 86. Man fühlte sich gleich beschwingt. Und auf Streich eins folgte nicht minder unterhaltsam Streich zwei. Mit der schon legendären Schauspielerin Katharina Thalbach hatte man genau die Richtige engagiert, Weihnachtsgeschichten mit einem Augenzwinkern zu präsentieren.

„Ein Wintermärchen“ über die Heiligen Drei Könige

Sechsmal während des Abends las sie mit ihrer variablen Stimme, die auch so herrlich rustikal und schnodderig klingen kann, unterhaltsame Geschichten. Da ging es bei Ewald Arenz‘ „Josefs Geschenk“ um die Heiligen Drei Könige, von denen einer erst nicht das passende Geschenk hat, Ziegenkäse. Das wird von den Königskollegen abgelehnt, aber am Ende freut sich der hungrige Josef darüber.

Oder, das muss man gehört haben, die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium von Gerda Grätzing auf Berlinerisch, bei der sich Maria über „Jottes Kraft“ wundert, einfach so schwanger zu werden. Aber: „Für Jott is nischt unmöchlich …“.

„Wintermärchen“: Intensiv, anrührend, atemberaubend

Spaß bei Seite, es gab auch ernste Musik. Da zerriss es einem fast das Herz, wenn Klarinettist Andreas Ottensamer zwei Lieder ohne Worte von Mendelssohn – arrangiert vom originalen Klavier für Klarinette und Orchester – spielte, in seiner Schlichtheit so intensiv!

Dann tat sich Ottensamer mit der Cellistin Raphaela Gromes bei einem Satz aus Schumanns „Märchenerzählungen“ zusammen, einfach anrührend, wie sich da Melodien von Klarinette und Cello miteinander tändeln.

Dass Raphaela Gromes eine virtuose und sehr gefragte Cellistin ist und einiges mit ihrem Cello zu erzählen hat, konnte man bei der atemberaubenden „Hommage à Rossini“ hören. Offenbach, selbst Cellist, wusste, was auf dem In­strument möglich war und sparte nicht mit Schwierigkeiten, wilde Läufe, halsbrecherische Akkorde rauf und runter, aber auch zarte Flageolet-Melodien – mit einer bestimmten Technik gespielte etwas pfeifend klingende Töne -, die sehr delikat daherkommen müssen. Kein Problem für Raphaela Gromes!

Elbphilharmonie: Termine an Weihnachtsfeiertagen

So weit, so gut. Arrangements von wohlvertrauten Weihnachtsliedern (u. a. Ihr Kinderlein, kommet/ Kommet, ihr Hirten/Stille Nacht/ O du fröhliche) sind wohl Geschmacksache. Hier drückte Arrangeur Christoph Israel ein bisschen zu stark auf die Tränen- und Kitschdrüse, kleine Glocken, große Röhrenglocken, schmachtende Blechbläser.

Aber: Katharina Ruckgaber faszinierte mit ihrem wunderschön klaren Sopran, sie stellte auch bei einer virtuosen Schubert-Arie aus dem Offertorium C-Dur ihr Können unter Beweis. Am Schluss durfte zwar bei „O du fröhliche“ aus Corona-Gründen nicht mitgesungen, aber dafür mitgesummt werden. Ein schönes, intelligentes und unterhaltsames „Wintermärchen“.

Weitere Termine: 25./26.12. je 16 und 20 Uhr, Elbphilharmonie; www.elbphilharmonie.de