Hamburg. Der Cellist ist im Kontakt mit dem Publikum und doch tief drin in der Musik. Im Bühnengespräch fragt er: “Wann darf ich wiederkommen?“

Ruhm ist etwas Relatives. Als Cellist des Artemis Quartetts hat Eckart Runge Weltkarriere gemacht, als Solist, Überzeugungstäter, Universalstilist ist er bislang eher Kennern ein Begriff. Um das zu ändern, haben ihm die Kammermusikfreunde am Montagabend die Bühne im Großen Saal der Elbphilharmonie zur Verfügung gestellt. Vorhang auf für ein Porträtkonzert der besonderen Art: Das Programm des Abends spannt sich von Bach bis Zappa.

Runge umkreist den Schwerpunkt, den die Artemis-Zeit in seiner Biografie ausmacht – 2019 ist er ausgestiegen – gleichsam aus Abstand und mit der daraus folgenden Änderung der Perspektive. Bachs Goldberg-Variationen, im Original für Cembalo, sind oft bearbeitet und umgedeutet worden. Die Fassung für Saxofon, Akkordeon und Cello dürfte eine Premiere sein. Die Machart zeigt sich völlig anders, der Klang wird zum strukturbildenden Element. Asya Fateyeva singt auf ihrem Saxofon. Agogik und Verzierungen verraten ihre intensive Beschäftigung mit der Epoche, die doch ihrem Instrument eigentlich verschlossen ist. Aber das ist ja das Faszinierende an diesem Abend, dass er keine Schubladen kennt.

Eckart Runge: Eine vor Intensität sprühende Hommage an Astor Piazzolla

Mit seinem langjährigen Klavierpartner Jacques Ammon spielt Runge Werke von John Lennon, Beethoven, Frank Zappa und Jimi Hendrix aus einem Atemzug. Moderne Musik all das, intelligent, raubeinig, vielfarbig. Runge ist beständig im Kontakt mit dem Publikum und doch tief drin in der Musik.

Herzstück des Konzerts sind die beiden Sätze aus Schuberts berühmtem späten Streichquintett mit dem Esmé Quartett. Wie das unter großen Cellisten Usus ist, setzt sich Runge nur allzu gerne ans zweite Cello, das gerade im langsamen Satz mit seiner Eigenständigkeit die schubertschen Polaritäten zwischen Sanglichkeit und Todessehnsucht herstellt. Eine tief berührende Aufführung unter Gleichen, dabei könnte Runge der Vater der vier jungen Damen sein.

Den Schluss dieses XXL-Abends bildet eine vor Intensität sprühende Hommage an Astor Piazzolla, für die eigens das Deutsche Kammerorchester Berlin angereist ist. Wie schade, dass nicht mehr Menschen an diesem ungewöhnlichen Programm teilhaben. Runge aber fragt im Bühnengespräch: „Wann darf ich wiederkommen?“ Es klingt wie ein Versprechen.