Hamburg. Schöneberger zeigt sich in der Laeiszhalle schlagfertig und unterhaltsam wie eh und je. Ein Lied widmet die Entertainerin Olaf Scholz.
Bei einem Konzert sollte es eigentlich auf keinen Fall um Äußerlichkeiten gehen. Auf der anderen Seite geben sich Barbara Schöneberger und ihre Näherin so unendlich viel Mühe für ihre Show-Kleider, das wir hier – aus Respekt – ihre Garderobe am Montag in der Laeiszhalle kurz aufzählen: Es beginnt mit einem zerknüllten Schoko-Minz-Bonbon-Papier oder auch einer „geplatzten Ferrero-Rocher-Kugel“, wie La Schöneberger es selbst nennt.
Es folgen ein gelbes Modell Marke „DHL Retourenpäkchen“, ein enges rosa Minikleid für ein Nummerngirl für das nächste Schweinerennen beim Hendlwirt in Kalch und zum Finale die Dior-Vision eines lebendigen Tischfeuerwerks. So, das hätten wir hinter uns.
Barbara Schöneberger gibt Konzert in Hamburg
Schließlich ist Barbara Schöneberger nicht aus Berlin gekommen, um eine Modenschau aufzuführen, sondern um zu singen und zwischen den Liedern ein wenig aus ihrem bewegten Leben zu erzählen. Und noch ein bisschen mehr. Knapp 1000 Fans haben sehr lange darauf gewartet, der Auftritt wurde pandemiebedingt vom November 2020 verlegt.
Vor Konzertbeginn müssen 150 Besucherinnen und Besucher ihre Karten und Plätze umtauschen, weil sich die Bedingungen in den letzten Monaten öfter geändert haben als Schönebergers Kleiderwahl. 3G ist angesagt, mit „Hamburger Schachbrett“-Sitzverteilung und Maskenpflicht am Platz. Nur für den hastigen Sturz-Sekt im Foyer darf sie abgenommen werden. „Halbvoll ist das neue ausverkauft“, ulkt Schöneberger beim Blick in den Saal.
Barbara Schöneberger: Für ihre Fans ist sie "verboten gut"
Die Entertainerin, Zeitschriftenherausgeberin, Moderatorin und Podcasterin ist glänzend aufgelegt bei der Rückkehr an den Ort, an dem sie 2007 auch noch anfing zu singen. Die große Band läutet die Sause mit einem Partyhit-Medley ein, dann geht es los mit „Zu hässlich für München“ und „Knick in meiner Biographie“. Es sind Lieder über Lebens- und Liebesalltage zum Nachfühlen für Schönebergers Zielgruppe: „Frauen zwischen 35 und 60“. Aber es ist auch für Männer um die 40 unterhaltsam. Ihre Schlagfertigkeit und Reaktionen auf das Publikum lassen einen rätseln, was an der Show geplant ist und was improvisiert.
„60 Prozent der Deutschen würden gern singen können, ich gehöre dazu“, gibt sie zu. Aber sie macht ihren Job nicht schlecht bei „Glücklich in acht Tagen“, „Das beste Date seit Jahren“ und „Isabelle Huppert“. Gerade letzteres Lied ist die perfekte Selbstbeschreibung: „Ich red, ich red, ich red über mich, wenn alles schweigt, dann red ich mehr. Bin mehr Dolly Parton als Isabelle Huppert.“
Ihr Maximum an Glamour ist es, bei den ESC-Partys auf dem Spielbudenplatz im Regen das nächste Desaster schönzureden und auf dem Weg zwischen Hamburg und Berlin Autogramme im Bordbistro zu geben. Sagt sie. Singt sie. Na und? Für ihre Fans ist sie „Verboten gut“, und ihr 80er-Jahre-Medley inklusive Windmaschine und reichlich Theaternebel ist extrem witzig.
Barbara Schöneberger ist Berlins Antwort auf Ina Müller
In den Umziehpausen übernimmt Backgroundsängerin Nathalie Tineo, aktuell im Imperial Theater mit den Shows „Matrosinnen“ und „Rockin Burlesque“ zu erleben, das Mikro. Die Band hält sich so warm für die nächste Runde im weiten Soundkorsett zwischen Hildegard Knef und Schönebergers Knutschfreundin Ina Müller.
Babsi und Ina vertrauen übrigens beide auf Frank Ramond als Texter, der sich gut in diese Frauen versetzen kann: „Mittelschicht, Mittelblond, Mittelgroß. Und bald Mitte 30“. Die einfach mal ausbrechen wollen wie in „Hajo und Luise“: „Und dann singt sie Karaoke, in der Bar, wo sie keiner kennt. Sie träumt sich weg aus Northeim an der Leine und dann singt sie ganz alleine von der großen Liebe.“ Die nicht Hajo heißt, zwinkizwonki.
- Udo Lindenberg: Geheime Badewannen-Pläne mit Ben Becker
- Radiopreis-Gala mit Pop, Gänsehaut und vielen ernsten Themen
Auch ein ESC-Medley mit neuen Texten auf bekannte Melodien wie „Waterloo“ und „Satellite“ holt viele Punkte in der Laeiszhalle. „Als ich mit dem Projekt ESC anfing, hatte Lena gerade gewonnen und ich dachte, ich springe auf den Erfolgszug auf. Ich sonne mich im Glanze des deutschen Sieges“, erinnert sich Schöneberger an den kurzen Glitter vor den vielen dunklen Jahren danach. Sie überlegt tatsächlich, selber in den ESC-Ring zu steigen. Warum auch nicht, mit Windmaschinen kennt sie sich bereits sehr gut aus und in Sachen Ausstrahlung machen ihr wenige etwas vor.
„Gibt’s das auch in groß?“ wird Olaf Scholz gewidmet
Aber erstmal ist Applaus in Hamburg angesagt. Bei „Du machst die Liebe“ werfen zwei Zuschauerinnen ein Büschel Sellerie-Chili, das Barbara Schöneberger mit einer artistisch-arthritischen Einlage aufhebt. Olaf Scholz widmet sie „Gibt’s das auch in groß?“, und nach fast drei Stunden mit Pause hat „Der blonde Engel“ auch noch Zugaben für das begeisterte Publikum. „Mieten sie sich eine Band, mieten sie sich die Laeiszhalle, das macht Spaß“, resümiert die Schöneberger. Auch für ihre treusten Anhängerinnen ist es ein gelungener Abend, und sogar zwei Damen, die zum ersten Mal bei einem Konzert von ihr waren, scheinen zufrieden zu sein: „Ich hätte mir das noch schlimmer vorgestellt.“