Hamburg. Mit „Boxes“ von Pazzini und „Blüte“ der Indie-Band Fluppe sind wahre Schätze auf den Markt gekommen. Warum die Alben überzeugen.
Es gibt wenig, was die Hamburger Sängerin und Schauspielerin Clara Pazzini wütend macht, aber in Schubladen oder Kisten mag sie überhaupt nicht gesteckt werden. Das ist aber auch unmöglich nach dem Hören ihres Debütalbums „Boxes“ (Hier Records): Schon der Titelsong ist ein Parforce-Ritt zwischen R ’n’ B, Chanson und Electro, und auch die anderen sieben Stücke präsentieren einen weit aufgespannten Bogen aus Avantgarde, Spoken Word, Collagen, Piano-Träumereien („Hourglass“), Vocal House („Love“) oder sogar Bubblegum-Pop („Vibe“).
Und obwohl die Kunstfertigkeit der Arrangements und Kompositionen, die mit Selig-Bassist Leo Schmidthals entstanden sind, fast schon einschüchtert, hat dieses Debüt vor allem eins im Übermaß: Esprit. Nach Sophia Kennedy ist hier die nächste Künstlerin, die mit großer Kreativität sehr gelungen auf Konventionen pfeift.
Hamburger Newcomer Fluppe besingt „Billstedt“
Der Nachschub an tollen neuen, gitarrenlastigen und dreckigen Indie-Bands reißt nicht ab. Wer in den letzten Jahren gern neuer Fan von Milliarden, Van Holzen oder Trümmer geworden ist, kann jetzt auch die Hamburger Newcomer Fluppe nach eingängigen und doch ungeschliffenen Liedern anschnorren. Und die haben genug auf der Tasche mit ihrem Album „Blüte“ (Chateau Lala) Lieder wie „Zwei Schüsse alte Kanzlei“, „Zange“, „Williams Christ Superstar“ und „Nikki Swango“ machen sich sowohl hervorragend im Vorprogramm von Milliarden als auch im Vinyl-Regal neben Tocotronic – wenn man nicht alphabetisch sortiert, sondern emotional.
Ein weiterer Grund, eine Lanze für Fluppe zu brechen, ist die im Oktober 2020 erschienene EP, die mal einen anderen Stadtteil als Kiez und Schanze besingt: „Billstedt“. Dort steht nämlich der Proberaum des Quartetts. Und dort ist mit „Blüte“ wirklich Großes entstanden. Tolle Platte.