Hamburg. “Die Arroganz der Verlierer“: Lisa Politt steckt sich live Teststäbchen in die Nase – und legt den Finger in die Wunden der Republik.
Man kann nicht behaupten, die Zeiten seien unergiebig für Kabarettisten. Für eine haltungsstarke und scharfzüngige Künstlerin wie Lisa Politt sind sie geradezu ein gefundenes Fressen. Für ihr neues Programm „Die Arroganz der Verlierer“ hält sie im Polittbüro eine innige Zwiesprache mit dem jungen Mitautor Christian Bartz. Generationenübergreifend sozusagen.
Politt braucht dazu eigentlich nur einen Tisch und einen Stuhl, schon lässt sie die Besucher teilhaben an ihrer pointierten Verzweiflung. Und die umfasst zu Beginn den Pflegenotstand und eine unersetzliche polnische Haushaltshilfe. Die eigene Mutter wird von Dämonen der Vergangenheit heimgesucht und die lassen sie schon mal vom Badezimmer aus in einen (imaginären) Kriegseinsatz ziehen.
2G-Regeln im Polittbüro: "Ohne Tests würde mir was fehlen"
Dann steckt sich Politt entschieden ein Corona-Teststäbchen in die Nase. „Ganz ehrlich, ohne diese Tests, mir würde was fehlen.“ Das Publikum, das darüber lachen kann, ist geimpft oder genesen. Die Premiere ist – wie das gesamte Polittbüro-Programm – nun konsequent eine reine 2G-Veranstaltung.
Zu der Corona-Problematik hat sich eine Menge aufgestaut bei Lisa Politt. Mit Feuereifer kommentiert sie ein Fußballspiel aus der Reihe der „Infektionsspiele“, wo es darum geht, die Inzidenz zu erhöhen, was natürlich auch gelingt. Das ist bissig, entlarvt aber die Bedeutungsunterschiede etwa von Kultur oder Bildung und Sport. „Die Hauptsache ist doch, dass ein frisch geföhnter Mann gegen den Ball tritt.“
Lisa Politt macht Kabarett, das weh tut – und gut
Im zweiten Teil verlagert sich der Schwerpunkt des Programms auf die anstehenden Bundestagswahlen. Und Politt thematisiert im Verbund mit ihrem jungen Co-Autor, der überwiegend aus dem Off zu hören ist, alle Skandale, bei denen die Staatsgewalt vor allem auf dem rechten Auge blind zu sein scheint: NSU-Morde, Polizeiskandal in Hessen, das Waffenarsenal des Lübcke-Mörders.
Die Ironie wird vollends bitter. Politt legt den Finger in die schmerzend offenen Wunden der Republik. Das tut weh. Und gleichzeitig tut es doch so gut, diese Frau wieder leibhaftig auf einer Bühne zu erleben.
Lisa Politt: „Die Arroganz Der Verlierer“, bis 30.9., tägl. außer Mo, jew. 20.00, Polittbüro, Steindamm 45, Karten (2G) unter T. 28 05 54 67