Hamburg. Die Sopranistin singt Lieder von Mozart, Schubert und Schumann und sorgt für eine nervenaufreibende Achterbahnfahrt.
Die Kombination ist so naheliegend wie unüblich: Lieder von Schubert mit Liedern von Mozart zu koppeln. Zwei Wiener Klassiker, zwei immer wieder krasse Gegensätze. Während der eine genügend Lieder für drei Komponistenleben schrieb, randvoll mit Herzblut, Verzweiflung und Sehnsucht, kam der andere nur auf einige Handvoll, nebenbei dahingeworfen, für zwischendurch, Zeitvertreib und Fingerübung.
Doch nebenbei, zwischendurch und halbwegs ernsthaft sind Repertoire-Gewichtsklassen, mit denen die Sopranistin Fatma Said rein gar nichts zu tun haben will. Für ihr Debüt im Kleinen Saal der Elbphilharmonie hatte sie, begleitet von dem über jeden Klavierbegleiter-Zweifel erhabenen Malcolm Martineau, den diesjährigen Schubert-Schwerpunkt des Schleswig-Holstein Musik Festivals als Bühne für das Großartige im Kleinen genutzt.
Elbphilharmonie: Fatma Said geht an die Grenze des Singbaren
Das Wechselbad der Gefühle, die diese Lieder verlangten, hatte etwas von einer nervenaufreibenden Achterbahnfahrt durch Extremzustände: Nach der Schubert-Niedlichkeit „An Sylvia“ folgte dessen tragisch endendes Kurzdrama „Viola“; nach Mozarts Flirtversuchs-Vertonung „Der Zauberer“ folgte, sanft schmachtend, eine „Abendempfindung an Laura“.
Bevor sie Schuberts „Nachtviolen“ besang, als sinnliche Nachtschattengewächse, die „ernst und schweigend in die laue Frühlingsluft schauen“, ging Said in „Der Tod und das Mädchen“ an die Grenzen des Singbaren. Zwei Strophen nur, Leben und Tod. Noch jugendliche Unbedarftheit, und danach das Ende allen Seins, das seinem nächsten Opfer zuraunt: „Ich bin nicht wild, sollst sanft in meinen Armen schlafen.“
Schumann-Lieder sorgen für Romantik
Aufs Schönste und Eindringlichste zusammengehalten wurde das alles von Saids makellos poliertem Sopran. Wäre das Etikett „lieblich“ nicht so sehr für Weinverkostungen reserviert, hier wäre es angemessen. Said teilte sich die Glanzlichter klug ein, beeindruckte lieber durch Feinzeichnung und höchst erfreuliche Textdeutlichkeit, sie ließ nur sehr selten das Volumen und die raumfüllende Stärke ihrer klar und leicht leuchtenden Stimme durchscheinen.
Mit einigen spontan eingeschobenen Schumann-Liedern wurde es romantischer und eindringlicher. Die Charakter-Darstellerin Said überredete dazu, ihr jede Zeile, jedes Wort als wahr und aufrichtig gesungen abzunehmen. Eine reife Leistung, die auf mehr neugierig macht.
CD-Tipp: Fatma Said „El Nour“ (Warner Classics, ca. 11 Euro)