Hamburg. Geiger Marc Bouchkov legte einen wahren Rodeo-Ritt hin. Die Hamburger Camerata blieb dagegen zunächst zu lyrisch und zu vorsichtig.

Für ihr „Sternstunden“-Konzert in der Elbphilharmonie hatte die Hamburger Camerata am Mittwoch gleich zu zwei echten Sternen des klassischen Repertoires gegriffen. Mit Mozarts Jupiter-Sinfonie und dem im Orchester groß besetzten Violinkonzert des Finnen Jean Sibelius wagte sie sich aber auch an dicke Brocken in Sachen Interpretation, Klangbalance und Intonation.

Die Leitung hatte der ungarische Dirigent Gábor Hontvári, der seit Kurzem Erster Kapellmeister und stellvertretender Generalmusikdirektor am Mainfranken Theater Würzburg ist und der Hamburger Camerata mit viel Motivation und Freundlichkeit gegenübertrat. Der wahre Star des Abends aber blieb der französische Geiger Marc Bouchkov, den die Camerata als Artist in Residence für sich gewinnen konnte.

Elbphilharmonie: Zunächst zu lyrisch und vorsichtig

Bevor überhaupt ein Ton erklungen war, kostete er die Stille im Saal aus und ließ sich beim Anlegen seines Instruments unter dem Kinn viel Zeit. Die Spannung stieg, als sich nach dem Auftakt Hontváris und einem überaus leisen Klangnebel der Streicher sein erstes Solo mit energischer Geste erhob.

Zwei Klarinetten lösten dieses erste Aufflammen der Violine ab, nur leider ließ sich das ganze Orchester von der Leidenschaft des Solisten noch nicht gleich anstecken. Zu lyrisch und zu vorsichtig reagierte die Camerata auf die Impulse Bouchkovs. Die Kontraste hätten im Kopfsatz durchaus schärfer ausfallen können. Da half es auch wenig, dass der Dirigent später mit beiden Armen pumpenartige Bewegungen ausführte, um die Steigerungen anzutreiben.

Bouchkov gelingen perfekte Intervallsprünge

Die Intervallsprünge aus der Tiefe in höchste Lagen seines Instruments gelangten Bouchkov perfekt, und überhaupt hatte er den Charakter dieser Musik offenbar besser begriffen als manch Orchestermitglied. Düster und rätselhaft ist Sibelius’ Musik nämlich nur scheinbar. In Wirklichkeit lotet sie wild und ungebremst die Ausdrucksqualitäten von Leidenschaft und Hingabe aus. Während die Stimmführerin der Celli, Hila Karni, bei einem dieser herrlich kantablen Themen von Sibelius noch immer grimmig dreinschaute, lächelte der Solist den Körper wiegend den Streichern zu.

Überhaupt trat der 30-jährige Franzose wenn er gerade Pause hatte, immer wieder ein paar Schritte zurück und spielte die Parts der Violinisten zuweilen sogar mit. Nach einem galoppierenden Grundrhythmus der Streicher zu Beginn des Finales und einem wahren Rodeo-Ritt des Solisten wirkte das Orchester dann schließlich wie befreit.

Leichte Unsicherheiten bei der Camerata

Leichte Unsicherheiten und Unsauberkeiten vor allem bei den Streichern wurden bei Mozart und erst recht seiner Sinfonie C-Dur KV 551 „Jupiter“ schonungslos offengelegt. Dennoch gelang Hontvári mit der Camerata eine lebendige Interpretation, an der Bläserinnen wie Ulrike Höfs von der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und der aus Caracas stammende Oboist Gonzalo Mejía großen Anteil hatten.