Hamburg. Das Violinkonzert des japanischen Komponisten Toshio Hosokawa lief im Uraufführungsstream der Elbphilharmonie.
Toshio Hosokawa ist ein Meister des fließenden Übergangs. Davon erzählt auch das neue Violinkonzert des japanischen Komponisten mit dem Titel „Genesis“, das beim Musikfest seine Uraufführung erlebte – im Konzertstream aus der Elbphilharmonie, mit der Geigerin Veronika Eberle und dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg unter Kent Nagano.
Die weichen Wellenlinien zu Beginn, gezeichnet von Harfe und gleitenden Streichern, sind eine Reminiszenz ans Fruchtwasser, wie Hosokawa erklärt. Aus diesem Grundrauschen des Lebens erwächst allmählich die Stimme der Geige. Sie artikuliert Naturintervalle, löst sich vom Orchester und findet zunehmend ihre eigene Sprache.
„Genesis“ als Konzertstream aus der Elbphilharmonie
Veronika Eberle spielt diesen Solopart mit einer Vielfalt an Farben. Ihre Palette reicht von Pianoschattierungen bis zu zuckenden Akzenten und umfasst auch Töne mit einem fremdartigen Vibrato, in denen Hosokawa den Klang japanischer Instrumente aufscheinen lässt. Ein faszinierendes Stück, das seinen Höhepunkt als intimen Dialog inszeniert: Mit einem Zwiegespräch von Geige und Flöte, deren Melodien sich zart umschlingen.
Da die Holzbläser der Philharmoniker ausnahmsweise am vorderen Rand der Bühne platziert sind, stehen Eberle und die Soloflötistin Manuela Tyllack in engem Hör- und Sichtkontakt, sie finden selbständig zueinander. Nagano mischt sich in ihren Austausch gar nicht weiter ein – und profitiert auch im zweiten Teil des Programms von der Aufstellung, bei der dritten Sinfonie von Brahms.
Johannes Brahms konnte auch süß säuseln
Mit den Holzbläsern im Rücken dirigiert er nicht vor, sondern in seinem Orchester, er wird vom Chef zum gleichberechtigten Partner der Philharmoniker, der mit gewohnt sparsamen Gesten ein kammermusikalisches Zusammenspiel anleitet.
So gelingen die lyrischen Momente der Sinfonie ganz besonders schön: Der verträumte Gesang im Andante, aber auch das sanft schwingende Thema der Klarinette im ersten Satz, dessen Wiederholung die Bläser sensibel ins Pianissimo abdimmen. Ja, Brahms konnte auch süß säuseln, wenn er wollte.