Hamburg. Ein Konzert in Planten un Blomen unter freiem Himmel, bei dem alle Spaß hatten und alles stimmte, aber nicht getanzt werden durfte.

Vielleicht 300 Leute haben den Weg zur Freilichtbühne nach Planten un Blomen gefunden. Eines der letzten Open-Air-Ereignisse in diesem komischen Corona-Konzertsommer. Bernd Begemann hat eingeladen. Zusammen mit der Befreiung, seiner dreiköpfigen Band. „Draußen im Grünen“ heißt das Motto. Es ist noch warm an diesem vorletzten September-Abend. Einige leere Stuhlreihen zu viel, dazu der lästige Mundschutz und das Tanzverbot, aber egal. Es ist schon eine Art Befreiung, wenn da oben wieder welche stehen, die richtige Live-Musik machen. Und ganz viel Spaß dabei haben.

„Herzlich willkommen, macht mal Lärm“, ruft Begemann. Der Hamburger Sänger hat ein Heimspiel, die Besucher johlen schon, wenn er Jacket und Schlips ablegt. Dann legt er los, greift wahllos in sein üppiges Song-Repertoire aus den vergangenen drei Jahrzehnten und singt von „Wilden Brombeeren“ und von Judith, die ihren Abschluss machen soll, denn: „Sicher ist sicher", fällt das textsichere Publikum sofort ein.

Begemanns Lieder handeln oft von Beziehungen

Begemann ist ein sehr passabler Gitarrist, seine Stimme setzt sich stets durch, seine Songs erzählen oft von Beziehungen. „Bis du den Richtigen triffst - nimm mich“ oder „Unsere Liebe ist ein Aufstand“ oder „Ich kann dich nicht kriegen, Katrin“ – immer geht es irgendwie darum, wie schwer, wie schön, wie kompliziert es ist, jemanden zu finden, der bei einem bleibt. Und das auch noch mit 57.

Weil der etwas ältere Herr da oben am Mikrofon aber vor allem ein wortgewaltiger Beobachter des Alltags ist, bleibt es zwei Stunden lang sehr unterhaltsam. So klingt kluge Pop-Musik, die nie peinlich ist, selbst wenn er dichtet: „Wenn wir Glück haben, endet es am Strand, du hältst meine Hand und wir sitzen dort im Sand auf unseren Campingstühlen mit einem guten Gefühl, das die Zeit überstand, wenn wir Glück haben, sind wir zusammen.“

Auch die eingeladenen Gäste bereichern den Abend

Kai Doren­kamp (Keyboard), Achim Erz (Schlagzeug) und Ben Scha­dow (Bass) sind souveräne Begleiter ihres Bandleaders und sorgen dafür, dass Text und Musik zwei Stunden lang wie selbstverständlich eine Einheit bilden. Der Sound ist prima. Zwischen den Songs platziert der Sänger und Entertainer immer wieder kleine Geschichten. Über schwermütige skandinavische Singer-Songwriter oder über sein schwergewichtiges Dasein: „Da könnt ihr mal sehen, was Jahrzehnte konsequenter Vernachlässigung mit einem Körper machen.“

Und dann hat Herr Begemann ja auch noch Gäste eingeladen, die den Abend wirklich noch einmal bereichern. Lisa Tilicke, Soul-Sängerin aus Berlin, lässt sofort aufhorchen, der Liedermacher Stoppok kommt bestens gelaunt zu zwei Songs auf die Bühne, genau wie der Gitarrist Daniel Schmidt und die stimmgewaltige Afra Bobo aus Hamburg.

Publikum möchte tanzen, darf aber nicht

Zum großen Finale versammeln sich dann alle noch einmal auf der Bühne. Beim gemeinsamen „River Deep Mountain High“ würden viele im Publikum gerne mittanzen. Geht aber nicht. „Ich hab die Musik in den letzten Monaten so sehr gebraucht“, erzählt Begemann und spricht den Besuchern aus der Seele. „Und es gab Lieder, die mir sehr geholfen haben.“

Der Song von Tina Turner gehört mit Sicherheit dazu. Und auch das letzte Lied ist so ein Song, der wie alle an diesem Abend „in Dur enden muss, denn wir müssen den Menschen doch Hoffnung geben“. Begemann hat sich kurzerhand bei Udo Jürgens bedient und beweist einmal mehr, dass bei ihm die Komposition konsequent vor der Berührungsangst steht: „Immer wieder geht die Sonne auf“. Dann ist doch gut.